Wir hatten versucht, das Schaffen Coninxloos aus der allgemeinen Zeitentwicklung, aus
den Bestrebungen des Romanismus zu verstehen und zu erklären. Wir hatten gesehen, wie
er seine Landschaften durch einen gegliederten Aufbau zu vereinheitlichen suchte, wie er auf
diesem Wege allmählich am Ende einer langen Entwicklung zu einer für die Niederlande
völlig neuen und vorbildlichen Form eines selbständigen und einheitlichen Landschafts-
bildes gekommen war: Es sind dies seine späten Waldlandschaften, die ohne die Ausein-
andersetzung mit den Regeln und Gesetzen des Romanismus, ohne die schrittweise Verein-
heitlichung der komponierten Ideallandschaft unmöglich hätten entstehen können. In diesen
Bildern fanden die Bestrebungen des Romanismus in der Landschaftsmalerei ihre höchste
Erfüllung in den Niederlanden, aber damit zugleich auch ihre Überwindung, denn all die
an der komponierten Ideallandschaft ausgebildeten Erfahrungen werden hier nicht mehr zum
Aufbau eines phantastischen Idealbildes benutzt, sondern auf die Abbildung der Wirklich-
keit übertragen. Damit bekommt das Landschaftsbild einen ganz neuen Sinn, der uns schon
in das 17. Jahrhundert führt.
Auch Paolo Fiammingo hat in seinen Werken die Forderungen des Romanismus verwirk-
licht und ist auf anderen Wegen dazu gekommen, eine neue und vorbildliche Form des Land-
schaftsbildes zu finden. Mit seinen Werken überschreitet er aber - entwicklungsgeschichtlich
gesehen - nicht mehr die Schwelle des 16. Jahrhunderts; er vollzieht nicht mehr jene letzte
Wandlung, die Coninxloos späteste Werke schon in das 17. Jahrhundert stellen. Es mag
daran liegen, daß er in Italien lebte und ganz in der italienischen Kunstauffassung aufging.
Bei dem in den Niederlanden lebenden Künstler kam dagegen das alte heimatliche Erbe, das
Streben nach der Erfassung der Wirklichkeit, stärker und immer wieder zum Ausdruck, war
eigentlich nie ganz verschwunden: so konnte auch hier eher ein neues, wenn auch noch
schüchternes Naturgefühl erwachen, das dann im 17. Jahrhundert die ganze Landschafts-
malerei mit neuem Leben erfüllen sollte.
Coninxloos letzte Landschaften kommen einem Naturausschnitt sehr nahe; die Formen der
Natur werden sehr getreu in einer klaren und gefaßten Form zur Anschauung gebracht: der
landschaftliche Raum ist ganz geschlossen und einheitlich gesehen. Demgegenüber malt
Fiammingo reine Phantasielandschaften, stimmungsvolle, großzügige Wald- oder Gebirgs-
szenerien («capriccioso nell’inuentioni!» Ridolfi), die zwar auch durch die einheitliche Kom-
position geschlossen wirken, aber niemals einem Ausschnitt aus der Natur nahekommen.
Lodewijk Toeput, gen. Lodovico Po^goserrato
Der zweite Flame, der gegen Ende des 16. Jahrhunderts sich in Venedig niedergelassen
hat, ist Lodewijk Toeput, gen. Lodovico Pozzoserrato oder Lodovico di Treviso. Er stammt
nach van Manders Angaben aus Mecheln und ist wahrscheinlich um 1550 geboren. Zu Be-
ginn der achtziger Jahre scheint er nach Venedig gekommen zu sein. Während Fiammingo
in die Werkstatt Tintorettos eintrat, um dort zu lernen und als Gehilfe zu arbeiten, scheint
Toeput von vornherein eine gewisse Selbständigkeit besessen zu haben. Wir wissen jeden-
falls nichts von einer Lehrzeit bei einem der Meister Venedigs. Bald ließ er sich in der kleinen
Stadt Treviso bei Venedig nieder, wo er wahrscheinlich eine eigene Werkstatt innehatte.
Er starb hier «in männlichem Alter» gegen das Jahr 1610114. Er war sowohl auf dem Gebiet
des Figurenbildes wie auf dem der Landschaft tätig. Uns interessieren hier in diesem Zu-
50
den Bestrebungen des Romanismus zu verstehen und zu erklären. Wir hatten gesehen, wie
er seine Landschaften durch einen gegliederten Aufbau zu vereinheitlichen suchte, wie er auf
diesem Wege allmählich am Ende einer langen Entwicklung zu einer für die Niederlande
völlig neuen und vorbildlichen Form eines selbständigen und einheitlichen Landschafts-
bildes gekommen war: Es sind dies seine späten Waldlandschaften, die ohne die Ausein-
andersetzung mit den Regeln und Gesetzen des Romanismus, ohne die schrittweise Verein-
heitlichung der komponierten Ideallandschaft unmöglich hätten entstehen können. In diesen
Bildern fanden die Bestrebungen des Romanismus in der Landschaftsmalerei ihre höchste
Erfüllung in den Niederlanden, aber damit zugleich auch ihre Überwindung, denn all die
an der komponierten Ideallandschaft ausgebildeten Erfahrungen werden hier nicht mehr zum
Aufbau eines phantastischen Idealbildes benutzt, sondern auf die Abbildung der Wirklich-
keit übertragen. Damit bekommt das Landschaftsbild einen ganz neuen Sinn, der uns schon
in das 17. Jahrhundert führt.
Auch Paolo Fiammingo hat in seinen Werken die Forderungen des Romanismus verwirk-
licht und ist auf anderen Wegen dazu gekommen, eine neue und vorbildliche Form des Land-
schaftsbildes zu finden. Mit seinen Werken überschreitet er aber - entwicklungsgeschichtlich
gesehen - nicht mehr die Schwelle des 16. Jahrhunderts; er vollzieht nicht mehr jene letzte
Wandlung, die Coninxloos späteste Werke schon in das 17. Jahrhundert stellen. Es mag
daran liegen, daß er in Italien lebte und ganz in der italienischen Kunstauffassung aufging.
Bei dem in den Niederlanden lebenden Künstler kam dagegen das alte heimatliche Erbe, das
Streben nach der Erfassung der Wirklichkeit, stärker und immer wieder zum Ausdruck, war
eigentlich nie ganz verschwunden: so konnte auch hier eher ein neues, wenn auch noch
schüchternes Naturgefühl erwachen, das dann im 17. Jahrhundert die ganze Landschafts-
malerei mit neuem Leben erfüllen sollte.
Coninxloos letzte Landschaften kommen einem Naturausschnitt sehr nahe; die Formen der
Natur werden sehr getreu in einer klaren und gefaßten Form zur Anschauung gebracht: der
landschaftliche Raum ist ganz geschlossen und einheitlich gesehen. Demgegenüber malt
Fiammingo reine Phantasielandschaften, stimmungsvolle, großzügige Wald- oder Gebirgs-
szenerien («capriccioso nell’inuentioni!» Ridolfi), die zwar auch durch die einheitliche Kom-
position geschlossen wirken, aber niemals einem Ausschnitt aus der Natur nahekommen.
Lodewijk Toeput, gen. Lodovico Po^goserrato
Der zweite Flame, der gegen Ende des 16. Jahrhunderts sich in Venedig niedergelassen
hat, ist Lodewijk Toeput, gen. Lodovico Pozzoserrato oder Lodovico di Treviso. Er stammt
nach van Manders Angaben aus Mecheln und ist wahrscheinlich um 1550 geboren. Zu Be-
ginn der achtziger Jahre scheint er nach Venedig gekommen zu sein. Während Fiammingo
in die Werkstatt Tintorettos eintrat, um dort zu lernen und als Gehilfe zu arbeiten, scheint
Toeput von vornherein eine gewisse Selbständigkeit besessen zu haben. Wir wissen jeden-
falls nichts von einer Lehrzeit bei einem der Meister Venedigs. Bald ließ er sich in der kleinen
Stadt Treviso bei Venedig nieder, wo er wahrscheinlich eine eigene Werkstatt innehatte.
Er starb hier «in männlichem Alter» gegen das Jahr 1610114. Er war sowohl auf dem Gebiet
des Figurenbildes wie auf dem der Landschaft tätig. Uns interessieren hier in diesem Zu-
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