dagegen zeigt S. Peter einfach eine paarweise Rundbogenverblendung
mit Rundstäben auf Halbsäulen in jedem Joch, was nichts ist als die
Belebung einer Wandfläche, ohne durch Tiefengliederung den Raum-
charakter zu verändern. Freilich ist die Bacharacher Kirche eine
kleinere Anlage, und das Langhaus mußte, zwischen Ostteil und
Turmhalle sehr bedrängt, außergewöhnlich kurz werden. Dafür aber
ist die Höhenentwicklung strebekräftig durchgeführt. Und wenn
S. Georg uns den Eindruck einer kleinen, nichtsdestoweniger feier-
lichen Kathedrale macht, deren Schönheit in der meisterlichen Aus-
gleichung der Höhenrichtung mit der Seiten- und Tiefenachse besteht,
und so aus romanischen und gotischen Baukräften gemeinsam eine
der vollkommensten Bauschöpfungen auf deutschem Boden wurde,
so zeigt uns S. Peter, wie stark das gotisch-aufstrebende Raum-
empfinden bereits entwickelt war, ohne daß die Bauformen sich von
der Jahrhunderte alten Bauweise, die wir romanisch nennen, ent-
fernen (Abb. 88, 90).
Hier wird ganz offenbar, daß die Gotik, aus Nordfrankreich ein-
geführt, in der rheinischen Entwicklung der Raumformen keinen
Bruch bedeutet, sondern nur in den wandgliedemden Körperformen
und der Statik etwas neues darstellt. Der Einbruch der Gotik in
reinster Ausprägung war nur möglich, weil die Räume, der Brenn-
punkt baukünstlerischen Schaffens, lange vor ihrem Siege gotisch
empfunden waren.
Die Geschichte der rheinischen Emporenkirchen ist auch die der
deutschen. Nirgendwo auf deutschem Kunstgebiet findet man diese
Häufung von Emporenanlagen wie am Rhein. Die ganz vereinzel-
ten Beispiele von Emporenbau in den mittel- und norddeutschen
Ländern sind auf den rheinischen oder auch französischen Kunst-
kreis zurückzuleiten, sind nichts als die östlich versprengten Glieder
der in den Westländern laufenden Entwicklungsreihen, sind, wenn
nicht unmittelbar, so doch aus dem Geiste der geschilderten Bau-
gesinnung zu erklären. Außer der Stiftskirche zu Gernrode und den
noch ottonischen Emporenresten in S. Michael zu Hildesheim, die
uns als vorromanische Emporenanlage im ersten Abschnitt bereits
beschäftigt haben (s. S. 37 u. 38), fallen alle diese Anlagen in die Blüte-
zeit des französischen oder rheinischen Emporenbaues, in die kurze Zeit-
spanne des vierten Viertels des 12. und ersten des 13. Jahrh. Ihre
ißi
9*
mit Rundstäben auf Halbsäulen in jedem Joch, was nichts ist als die
Belebung einer Wandfläche, ohne durch Tiefengliederung den Raum-
charakter zu verändern. Freilich ist die Bacharacher Kirche eine
kleinere Anlage, und das Langhaus mußte, zwischen Ostteil und
Turmhalle sehr bedrängt, außergewöhnlich kurz werden. Dafür aber
ist die Höhenentwicklung strebekräftig durchgeführt. Und wenn
S. Georg uns den Eindruck einer kleinen, nichtsdestoweniger feier-
lichen Kathedrale macht, deren Schönheit in der meisterlichen Aus-
gleichung der Höhenrichtung mit der Seiten- und Tiefenachse besteht,
und so aus romanischen und gotischen Baukräften gemeinsam eine
der vollkommensten Bauschöpfungen auf deutschem Boden wurde,
so zeigt uns S. Peter, wie stark das gotisch-aufstrebende Raum-
empfinden bereits entwickelt war, ohne daß die Bauformen sich von
der Jahrhunderte alten Bauweise, die wir romanisch nennen, ent-
fernen (Abb. 88, 90).
Hier wird ganz offenbar, daß die Gotik, aus Nordfrankreich ein-
geführt, in der rheinischen Entwicklung der Raumformen keinen
Bruch bedeutet, sondern nur in den wandgliedemden Körperformen
und der Statik etwas neues darstellt. Der Einbruch der Gotik in
reinster Ausprägung war nur möglich, weil die Räume, der Brenn-
punkt baukünstlerischen Schaffens, lange vor ihrem Siege gotisch
empfunden waren.
Die Geschichte der rheinischen Emporenkirchen ist auch die der
deutschen. Nirgendwo auf deutschem Kunstgebiet findet man diese
Häufung von Emporenanlagen wie am Rhein. Die ganz vereinzel-
ten Beispiele von Emporenbau in den mittel- und norddeutschen
Ländern sind auf den rheinischen oder auch französischen Kunst-
kreis zurückzuleiten, sind nichts als die östlich versprengten Glieder
der in den Westländern laufenden Entwicklungsreihen, sind, wenn
nicht unmittelbar, so doch aus dem Geiste der geschilderten Bau-
gesinnung zu erklären. Außer der Stiftskirche zu Gernrode und den
noch ottonischen Emporenresten in S. Michael zu Hildesheim, die
uns als vorromanische Emporenanlage im ersten Abschnitt bereits
beschäftigt haben (s. S. 37 u. 38), fallen alle diese Anlagen in die Blüte-
zeit des französischen oder rheinischen Emporenbaues, in die kurze Zeit-
spanne des vierten Viertels des 12. und ersten des 13. Jahrh. Ihre
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