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Reber, Franz
Geschichte der Baukunst im Alterthum: nach den Ergebnissen der neueren wissenschaftlichen Expeditionen bearbeitet — Leipzig: T.O. Weigel, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.45255#0297
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Erhaltene Monumente frühdorischer Architektur.

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gestattete. Auch scheint kein Fries vorhanden gewesen zu sein (die Rail-
ton’sche Ergänzung desselben ist ganz willkürlich) und auch cliess entspricht
der oben angeführten Entstehung dorischer Gebälkformen, welche ursprüng-
lich nur aus zwei Gliedern bestanden, so dass auch darin eine Reminiscenz

und die Nachbildung eines hochalterthümlichen Cultdenkmals zu erkennen
sein dürfte. Anderseits aber lässt die Behandlung der Säulen und besonders

der Capitäle nur die Annahme von absichtlicher Nachahmung alterthüm-
licher Verhältnisse, nicht aber von wirklich hohem Alter zu.

Fig. 159. Capital von Assos.

Hieher gehört endlich noch eine dritte Ruine, die eines Tempels auf
der Akropolis von Assos in Kleinasien,*) welche jedoch, wenigstens was
die plastische Auszierung betrifft, nicht frei
ist von fremden vorderasiatischen Einflüs-
sen. Derselbe scheint noch nicht gründlich
genug untersucht worden zu sein , doch
geben die durch Schenkung des Sultans
Mahmud II. i. J. 1838 an das Museum des
Louvre übergegangenen Stücke bei leicht-
ermöglichter Autopsie wenigstens bezüglich
des architektonischen Details einige Beleh-
lehrung. Das Capitäl (vergl. Fig. 159) ist
stark ausladend, und derEchinus unten von
drei einfachen Ringen umschlossen; der
Architrav zeigt oben den fortlaufenden Leisten, wie er sich immer unter dem
Triglyphenfries findet, und unterhalb die kleineren anderwärts den einzelnen
Triglyphen entsprechenden Leistchen (Tropfenregulae) doch unter denselben
nicht die sonst üblichen Tropfen. In seiner Frontefläche ist der Architrav



Tempel
von
Assos.

abweichend von der dorischen Uebung als Zophoros mit Reliefsbildwerken
geschmückt, welche durch ihre Anklänge an asiatische Kunst in der Ge-
schichte der Plastik eine Rolle spielen. Dass auf diesem Epistyl ein Me-
fopen- und Triglyphenfries ruhte, wird, da sich davon keine Spuren fanden,
von Falkener in Abrede gestellt, indess wohl mit Unrecht, wie die Regulae
am Epistyl anzuzeigen scheinen. Sollte aber das Gebälk wirklich nur zwei-
gliedrig gewesen sein , so könnte das aus der ursprünglichen Gestaltung des
dorischen Gebälkes leicht seine Erklärung finden.
Während sonach der hellenische Osten an monumentalen Belegen für sicilien.
frühdorische Architektur arm ist, besitzt das hellenisirte Sicilien**) einen
sehr bedeutenden Reichthum an Denkmälern dieser Frühepoche. Vorwie-
gend von dorischen Mutterstädten colonisirt, brachten auch die Städte dieser

*) Cii. TEXIER, Description de l’Asie Mineure, faite par ordre du Gouvernement
Francais de 1833—1837. Par. 1839 sq. Vol. III.
**) J. Hittorf et L. Zanti-i, Architecture antique de la Sicile. Paris, s. a.
Dom. Lo Faso Pietrasanta Duca di Serradifalco , Antichitä della Sicilia.
Palermo. 1834'—1842.
 
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