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Reinach, Théodore
Mithradates Eupator König von Pontos — Leipzig, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.21713#0055
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DIE ERSTEN KÖNIGE DES PONTOS.

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und Dareios in ihren Stammbaum ein und es gelingt ihnen, dank
der zunehmenden Unkenntnis der Mitwelt, eine Fabel zu beglaubigen,
die ihnen einen Schein von Rechtmäfsigkeit verleiht. Artabazes,
ein nachgeborener Sohn des ersten Dareios, habe, so erzählte man,
im Pontos eine den Achaimeniden untergebene Dynastie begründet,
die sich von jener Zeit an ohne Unterbrechung fortgepflanzt habe
und deren unmittelbare Vertreter die Mithradatiden seien.1)

Neben dem Persismus war jedoch auch der Hellenismus in der
mithradatischen Familie vererbt und auch ihm ward sein Anteil.
Die Vorfahren des Mithradates Ktistes haben Athen umworben und
griechische Künste gepflegt; er selbst, der Gespiele des makedoni-
schen Alkibiades, Demetrios Poliorketes, war jedenfalls ein vollen-
deter Kenner griechischen Wesens und ein feingebildeter Hellenen-
freund. So tritt er auch nicht, wie sein Vorläufer Ariarathes von
Gaziura, als Verfechter orientalischer Reaktion gegen das Andringen
hellenischen Geistes auf. Dieser hatte auf seinen Münzen asiatische
Typen und orientalische Umschrift wieder eingeführt; Mithradates da-
gegen nimmt Währung, Typen und hellenische Umschrift der Münzen
Alexanders an. Seine Nachfolger ahmen seinem Beispiel nach; auf
der Stirnseite ihrer Münzen finden wir frühzeitig ihr Bild, das
immer mit offenbarer Treue und in packendem Relief ausgeführt ist.
Auf der Kehrseite erscheinen der griechischen Mythologie entlehnte
Gestalten, oder es paart sich auf ihr, in sinnreicher Anbequemung,
die feindliche Götterwelt Persiens und Griechenlands.2)

Um von Symbolen zu Thatsachen überzugehen, so werben schon
in frühester Zeit die Mithradatiden um die Freundschaft der griechi-
schen Republiken, während sie gleichzeitig auf Eroberung ihrer
Nachbarstaaten am Pontos Euxeinos ausgehen; der Ktistes schliefst
Bundesverträge mit Byzanz, Chalkedon und Herakleia ab;3) seinen
Enkel, Mithradates H., finden wir im Jahre 227 unter den Fürsten,
welche der durch ein Erdbeben heimgesuchten Insel Rhodos hilf-
reich beistanden.4) Später, als kaum die Einverleibung der pon-

1) Sallust, fr. II, 53, Kritz; Justin XXXVIII, 7; Appian, Mitli. 117.

2) Der einzige Golclstater des Mithradates Ktistes weist die Typen
Alexanders auf (Pallaskopf, Nike); die Tetradrachmen Mithradates II. führen
auf der Rückseite den sitzenden Zeus Aeotophoros (Alexandertypus), die des
Pharnakes einen Gott mit Schlangenstab und Füllhorn, einer Hindin einen
Sprofs hinhaltend (Mithra ?). Mithradates Philopator ersetzt diesen Typus
durch einen Perseus, das Haupt der Gorgo emporhaltend, Laodike durch eine
stehende Pallas. Seit Mithradates II. führen alle Münzen (ausgenommen die der
Laodike) als Nebensymbol Stern und Halbmond, das Familienwappen.

3) Memnon, c. 11.

4) Polyb. V, 90.
 
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