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Reinach, Théodore
Mithradates Eupator König von Pontos — Leipzig, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.21713#0168
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DIE ZEIT DER ERFOLGE.

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Scharmützeln Übung und Zuversicht. Das eine Mal fiel ein Günst-
ling des Königs, Leonikos, in die Hände des FeindesQ, ein ander Mal
wäre der König beinahe selber, infolge eines verfehlten Manövers
einer Galeere von Chios, die sein Admiralschiff zum Sinken brachte,
in Gefangenschaft geraten. Als das Landungsheer endlich eintraf,
war die Jahreszeit bereits zu weit vorgerückt, und an eine regel-
rechte Belagerung konnte nicht mehr gedacht werden; dazu war
die Überfahrt durch einen heftigen Sturmwind gestört worden, in-
folge dessen mehrere Transportschiffe von der rhodischen Flotte in
den Grund gebohrt, verbrannt oder gekapert wurden und 400 Leute
in die Gefangenschaft des Feindes gerieten.

Man rechnete denn nur noch auf einen glücklichen Handstreich
und auf die in der Stadt unterhaltenen Beziehungen. Auf die An-
zeige einiger Überläufer hin, welche dem Könige im Süden der
Akropolis, am Fufse eines ins Meer vorspringenden Hügels, auf dem
sich ein Tempel des Zeus Atabyrios1 2) erhob, einen schwachen Punkt
angaben, wurde ein nächtlicher Angriff gegen diesen Punkt be-
schlossen, während die Flotte auf der Hafenseite einen Scheinangriff
unternehmen sollte. Anfangs ging alles gut; eine Abteilung Fufs-
volk, mit Leitern versehen, wurde auf Booten an den Fufs der Wälle
gebracht, wo sie das mit den Freunden in der Stadt verabredete
Zeichen ab warten sollten. Plötzlich erglänzte, mitten in der Nacht,
ein Feuerschein auf der Spitze des Hügels; das erwartete Zeichen
erkennend, brachen die königlichen Truppen in lautes Kriegsgeschrei
aus und drangen zum Sturme vor; aber von den Wällen herab
ertönte ebenfalls ein tausendstimmiges Geschrei; die Besatzung der
Akropolis hatte von dem Anschlag Kenntnis erhalten, das Zeichen
zum Angriff lange vor der festgesetzten Zeit angezündet und stand
nun, zur Abwehr gerüstet, auf den Wällen. Die Königlichen sahen,
dafs sie verraten waren und vermochten sich nicht zum Kampfe in
der Dunkelheit zu entschliefsen, sondern erwarteten gerüstet das
Anbrechen des Tages. Beim Morgengrauen erst eröffheten sie den
Sturm von allen Seiten her. Die „Sambyke“, eine mächtige Fall-
brücke, welche, mit gewaltigen Querbalken und Tauen zusammen-
gefügt und mit Katapulten bewaffnet, auf zwei zusammengekoppelten

1) Valerius Maximus V, 2, ext. 2. Der König soll sämtliche rhodisclie
Gefangene herausgegeben haben, um den Leonikos wiederzuerlangen. (Ob nicht
eher Leonippos zu schreiben wäre? So die Inschrift von Nysa, Anh. 23.)

2) Die Lage dieses Tempels ist durch eine Inschrift festgestellt worden
(Newton, Inscriptions of the British Museum I, 346). Nicht zu verwechseln mit
der „Centralstelle“, welche auf dem Berge Atabyrios, in der Mitte der Insel
und mehr als eine Tagereise von der Hauptstadt, erbaut war (cf. Ross, Beisen
auf den griechischen Inseln III, 106, Anm. 23).
 
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