366
DRITTES KAPITEL.
Hier dauerte der Sommer noch und die Römer machten sich
denselben zu Nutze, um Nisibis zu belagern, die einzige Festung,
welche südlich vom Tigris noch für Tigranes Stand hielt. Die Stadt
war stark befestigt; sie besafs zwei dicke, durch einen Graben ge-
trennte Mauern aus Backsteinen, und vor Allem einen Verteidiger,
der ein Heer aufwog, nämlich Kallimachos, den berühmten Ingenieur,
der 18 Monate lang die Verteidigung von Amisos geleitet hatte.
So lange der Sommer dauerte, wies Nisibis alle Angriffe des Lucullus
zurück, aber hei Eintritt der schlechten Jahreszeit liefs die Wachsam-
keit der Besatzung nach und ein plötzlich unternommener Sturm in
einer Gewitternacht brachte die Römer in den Besitz der äufseren
Umwallung; die im Schlafe überraschten Wachen wurden nieder-
gemacht, der Graben mit Faschinen ausgefüllt und die weniger fest
gefügte zweite Mauer ebenfalls eingenommen. Guras, der Bruder
des Tigranes, der sich in die Citadelle zurückgezogen hatte, übergab
dieselbe, und es wurde ihm dafür eine menschliche Behandlung zu
Teil; aber Kallimachos, der sich den unversöhnlichen Hafs des
Lucullus zugezogen hatte, wurde gleich einem Verbrecher in Fesseln
geschlagen. Die hier gewonnene Beute war fast ebenso betracht-
lieh wie die von Tigranokerta (Herbst 68). *)
Die Einnahme von Nisibis war des Lucullus letzter Erfolg.
Schon hatte sich das Glück gewandt, und nun kamen die Unglücks-
schläge in ebenso rascher Folge wie jüngst die Siege. Kaum hatten
die Römer nach der Schlacht am Arsanias den Rückzug begonnen,
als auch die Verbündeten den Beschlufs fafsten, wieder zum Angriff
vorzugehen. An der Spitze einer 8000 Mann starken Heeresabtei-
lung, bei der sich 4000 Armenier befanden, unternahm Mithradates
die Rückeroberung des Pontos; Tigranes seinerseits besetzte aufs
neue verschiedene Gebiete im Norden des Tigris und umzingelte
eine Abteilung der Römer, die unter dem Befehl des reuig zurück-
gekehrten ehemaligen Fimbrianers Lucius Famiius stand. Lucullus
wurde nach der Eroberung von Nisibis von der Gefahr unterrichtet,
in der sein Unterbefehlshaber, der sich in eine Festung geworfen
hatte, schwebte; er eilte rasch herbei und kam noch zeitig genug,
um den Fannius zu befreien, aber während seiner Abwesenheit
waren schwere Wirren unter den zu Nisibis gebliebenen Truppen
ausgebrochen. Die valerianischen Legionen, deren Dienstzeit zu 1
marschierte Lucullus am östlichen Ufer des Wansees entlang zurück, was den
Ort der Schlacht in die Umgegend von Melazgerd verlegt.
1) Dies erwähnt ausdrücklich Eusebios II, 135h, Sckoene,
DRITTES KAPITEL.
Hier dauerte der Sommer noch und die Römer machten sich
denselben zu Nutze, um Nisibis zu belagern, die einzige Festung,
welche südlich vom Tigris noch für Tigranes Stand hielt. Die Stadt
war stark befestigt; sie besafs zwei dicke, durch einen Graben ge-
trennte Mauern aus Backsteinen, und vor Allem einen Verteidiger,
der ein Heer aufwog, nämlich Kallimachos, den berühmten Ingenieur,
der 18 Monate lang die Verteidigung von Amisos geleitet hatte.
So lange der Sommer dauerte, wies Nisibis alle Angriffe des Lucullus
zurück, aber hei Eintritt der schlechten Jahreszeit liefs die Wachsam-
keit der Besatzung nach und ein plötzlich unternommener Sturm in
einer Gewitternacht brachte die Römer in den Besitz der äufseren
Umwallung; die im Schlafe überraschten Wachen wurden nieder-
gemacht, der Graben mit Faschinen ausgefüllt und die weniger fest
gefügte zweite Mauer ebenfalls eingenommen. Guras, der Bruder
des Tigranes, der sich in die Citadelle zurückgezogen hatte, übergab
dieselbe, und es wurde ihm dafür eine menschliche Behandlung zu
Teil; aber Kallimachos, der sich den unversöhnlichen Hafs des
Lucullus zugezogen hatte, wurde gleich einem Verbrecher in Fesseln
geschlagen. Die hier gewonnene Beute war fast ebenso betracht-
lieh wie die von Tigranokerta (Herbst 68). *)
Die Einnahme von Nisibis war des Lucullus letzter Erfolg.
Schon hatte sich das Glück gewandt, und nun kamen die Unglücks-
schläge in ebenso rascher Folge wie jüngst die Siege. Kaum hatten
die Römer nach der Schlacht am Arsanias den Rückzug begonnen,
als auch die Verbündeten den Beschlufs fafsten, wieder zum Angriff
vorzugehen. An der Spitze einer 8000 Mann starken Heeresabtei-
lung, bei der sich 4000 Armenier befanden, unternahm Mithradates
die Rückeroberung des Pontos; Tigranes seinerseits besetzte aufs
neue verschiedene Gebiete im Norden des Tigris und umzingelte
eine Abteilung der Römer, die unter dem Befehl des reuig zurück-
gekehrten ehemaligen Fimbrianers Lucius Famiius stand. Lucullus
wurde nach der Eroberung von Nisibis von der Gefahr unterrichtet,
in der sein Unterbefehlshaber, der sich in eine Festung geworfen
hatte, schwebte; er eilte rasch herbei und kam noch zeitig genug,
um den Fannius zu befreien, aber während seiner Abwesenheit
waren schwere Wirren unter den zu Nisibis gebliebenen Truppen
ausgebrochen. Die valerianischen Legionen, deren Dienstzeit zu 1
marschierte Lucullus am östlichen Ufer des Wansees entlang zurück, was den
Ort der Schlacht in die Umgegend von Melazgerd verlegt.
1) Dies erwähnt ausdrücklich Eusebios II, 135h, Sckoene,