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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Leitschuh, Franz Friedrich: Die Bambergische Halsgerichtsordnung: Ein Beitrag zur Geschichte der Bücherillustrationen
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0075
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Die Bambergische Halsgerichtsordnung.

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sieben Blättern, welche keine Seitenzahlen, sondern Signaturen tragen, steht
das Register mit der Ueberschrift:
Ljernad? volgt bas ^egifter bifs buc^s, rmb vmb / eigentlicher anjeygug
vnb finbung willen ber bing bo= / hin geweyft wirt, alle 5a!, barnach
man fachen fol, auff / bie articfel, rmb nit auff bie jal ber platter
geftelt, als / barinnen erfunben wirbt.
Auf der Stirnseite des nach dem Register folgenden Blattes sehen wir einen
Holzschnitt, das jüngste Gericht darstellend * 2). Gott der Sohn thront auf
Strahlenbogen, die sich in den Boden ergiessen, während zu beiden Seiten
posaunenblasende Engel verkünden, dass der jüngste Tag angebrochen ist.
Zwischen Gott Sohn und den Engeln befinden sich zwei Sprüche, welche den
Bewegungen der Hände Gottes angemessen erscheinen; auf der einen Seite
steht: „Kumpt fyere Jr gebenebeiten"; auf der anderen: „65et Ijin Jr r>malle-
beiten". Unten verlassen vier Erwachte ihre Gräber3); der halbe Körper ist
bereits über dem Boden. Einen derselben, und zwar den, welcher sich zur
Linken Gottes befindet, hat der dicht von Feuerzungen umgebene Satan an den
Haaren. Ueber diesem Bilde ist die Blattzahl iij und der Spruch: „(Sebencf
allejeit ber lecjten bing. So wirt bir rechtun gar gering. Der Holzschnitt
selbst schliesst noch zwei Spruchzettel in sich ein, welche folgende Worte
tragen: „Jn bem urteil barinnen ir urteilt / werbet ir geurteilt THathei am
Vij.« — „Der fyerr tljut bie Barmbercjigfeit unb bas urteil / 2Hlen ben bie
erleiben bas unrecht. P$. c. j. ij.« Die Rückseite dieses Blattes nimmt „Die
uorrebe bis Buchs" ein, welche indess lediglich aus dem Mandat des Bischofs
von Bamberg besteht. Hier wird die Veranlassung zur Herausgabe dieser
Gerichtsordnung dargelegt und werden die Gründe angeführt, warum sie so
verfasst und mehr Rücksicht auf den Laien, als auf den gelehrten Juristen
genommen wurde. Das Mandat beginnt folgendermassen: „W^r (Seorg uon
gottes gnaben Bifchoue ju Samberg, tEljun / fünf allermeniglichen, 211$ uns
manigfeltiglicfyen furfomen" etc. etc. Es läuft auf der nächsten Seite weiter
und schliesst mit dem Satze: „2luch fouil auff / raffuchen unnb anbere hanb-
der Darstellung der Marterinstrumente und von dem Familienwappen des Fürst-
bischofs kann ich in dieser Ausgabe nichts entdecken. Auch Herrn Muther ist dies
schwerlich gelungen, aber er zog die Beschreibung der Pfeyl’schen Ausgabe in
Panzer’s Annalen zu Rathe. Hier fand er nun die Torturinstrumente und das von
zwei Löwen gehaltene Familienwappen des Bischofs getreulich erwähnt. Herr Muther
hat also die Pfeyl’sche Ausgabe nicht gesehen, beschreibt sie aber mit Hilfe der
VI. Mainzer und der Panzer’schen Annalen. Das Originellste an dieser Phantasie-
ausgabe ist indess, dass der von Herrn Muther so gewissenhaft beschriebene »Titel-
holzschnitt« der Pfeyl’schen Halsgerichtsordnung vom Jahre 1507 sich in der 1523
von Johann Schöffer gedruckten Livius-Ausgabe zum erstenmale findet!
2) Wenn Herr Muther sagt: »Unten steigen zwei Seelen aus dem Grabe auf«,
so kann diese Behauptung, ebenso wie die, dass Christus auf der Erdkugel sitzt,
natürlich nur auf die Mainzer Ausgaben bezogen werden.
3) Herr Muther beschreibt den Holzschnitt also: »Drei Männer stehen in
einem Zimmer vor einem Richter, der ein Papier hält.«
 
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