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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Leitschuh, Franz Friedrich: Die Bambergische Halsgerichtsordnung: ein Beitrag zur Geschichte der Bücherillustration
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0079

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Die Bambergische Halsgerichtsordnung.

65

Die Artikel ccl bis cclviij enthalten: „wie die armen lewt in ftraff der mifcf
Rendel einander fallen guEjiff (!) Jemen." Nach dem letzten Artikel kommt
auf der Vorderseite des Ixxij Bl. ein grosser Holzschnitt: Die Aufnahme des
Inventars eines Hauses. Wir erhalten damit einen Einblick in das Innere
eines Wohnhauses. Im Vordergründe erblicken wir den Richter, der seinem
Schreiber mit gewichtiger Miene dictiert; hinter diesem stehen zwei weitere
Gerichtspersonen, deren Anwesenheit bei derartigen Anlässen unentbehrlich
ist. Wohl zur gelegentlichen Stärkung des Richters steht auf dem Tische
eine Kanne Wein und ein Trinkgefäss. Links blicken wir in die Küche, wo
soeben eine Frau am Herde beschäftigt ist; das Schlafgemach bietet sich offen
unseren Augen dar. Dass auch Viehstand im Hause vertreten, ist ebenso
kurz als einleuchtend angedeutet. Eine stattliche Reihe von aufgestellten
Humpen, denen einige Leuchter beigesellt sind, lassen uns darauf schliessen,
dass es auch im Keller des »tetters« nicht übel bestellt ist:
„Die weyl ber fetter iff Ipnban, / Sein guter fdjreybent eben an."
Der darauffolgende Artikel behandelt die Frage: „wie es mit der fluchtigen
vbeltet= I ter gut fol gehalten werben."
Der nächste Holzschnitt bringt die Darstellung, wie von dem Gerichts-
diener ein gestohlenes Pferd vorgeführt wird, dessen wirklicher Besitzer mit
lächelnder Miene zum Richter spricht:
„Betretten hab i<fj hie bas mein
Sdjafft mir bas als es fol fein."
Hierauf folgt auf der nächsten Seite: „Don geftolner ober geraubter fyabe, / fo
in bie geriet Jumpt". (Art. cclxvij bis cclxviij). Die Rückseite des Blattes
Ixxv bringt wieder einen Holzschnitt6). Ein »todtschleger«, indess nicht einer
der »bosshafftigen fursetzlichen morder« erhält, nachdem ein Jahr abgelaufen
ist, das Geleitschreiben aus der Hand des Richters, welcher auf der mit einem
Kissen versehenen Bank Platz genommen hat. Er knüpft an diese Aushän-
digung augenscheinlich ernste Ermahnungen, welchen auch der oben hinter
dem Tische sitzende Schreiber mit grosser Aufmerksamkeit lauscht. Der ent-
lassene Delinquent empfängt sein Geleit mit gebeugten Knieen; in der linken
Hand hält er seine Mütze. Zwei Hunde, der eine sitzend, der andere liegend,
befinden sich im Gerichtszimmer. Der Spruchzettel enthält die Worte :
„Derr Bidffer, allein ju redff
Bit gleyt icb armer fnedjt."
Der nun folgende Holzschnitt bringt unstreitig eine der gelungensten Dar-
stellungen. Es ist eine echt Schwarzenberg’sche Mahnung an jene »Amptleut
und Richter«, die in peinlichen Sachen die Rolle der sogenannten »Taschen-
richter« zu übernehmen pflegten. Aus den Wolken ragt eine Hand hervor,
welche einen Zettel mit folgender Inschrift trägt:
„© Bidffer tffe in bifer weit
<Eror eer rmb fei gebt nit mnb gelt."
6) Von Herrn Muther falsch gedeutet; er hält den »armen Knecht« irrthüm-
lich für einen Kriegsknecht.
IX 5
 
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