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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Bode, Wilhelm von: Rembrandt´s Radierungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0299

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Rembrandt’s Radirungen.

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der grösste Radirmeister aller Zeiten würde als solcher bald eine my-
thische Person. Es ist aber nicht schwer, das Unhaltbare der Legros-
schen Anschauungen nachzuweisen.
Nach Herrn Legros wären »Rembrandt mit seiner Frau« R. 19 und
»Der verlorene Sohn« B. 91 die ältesten Blätter des Meisters; dieselben
sind mit der Jahreszahl 1636 in seiner bekannten Radirschrift bezeichnet.
Nun wird jeder Techniker und Jeder, der nur mit einiger Aufmerksam-
keit Radirungen betrachtet hat, gestehen müssen, dass Niemand, und
wäre er auch das grösste Genie, mit zwei so tüchtigen Blättern zuerst
auftreten konnte. Alle Welt ist aber darüber einig, dass die beiden
Büsten der Frauen, B. 354 und B. 352, beide mit R H und 1628 be-
zeichnet, nicht allein geistreich, sondern auch echt sind. Ob Rembrandt
schon vor 1628 radirt hat, wissen wir nicht; es ist aber nicht unwahr-
scheinlich. Wie weit Herr Legros in seiner Skepsis sich verliert, geht
auch daraus hervor, dass er die Porträts von Asselyn, Abr. Franken,
Tholincx, dem jungen Haaring, Goppenol, den beiden Uytenbogarts und
Ephraim Bonus für unecht hält, obschon z. B. das von Rembrandt
gemalte Porträt des letzteren von mehreren Kennern, deren Ansicht
ich entschieden beitrete, für viel geringer geachtet wird als die Radi-
rung. Von den Landschaften verwirft er die prachtvollen drei Hütten,
den Canal, die Grotte und die mit dem Kahn. Welche Gründe Herr
Legros, der Sammler und Radirer, für seine destructive Skepsis hat,
theilt uns Herr L. Gonse nicht mit; es scheint aber, dass die scharfe
Kritik, die Herr EL Haden zuerst in der Einleitung zu der Ausstellung
der Rembrandt’schen Radirungen in London 1877 geschrieben und 1880
erweitert ins Französische übersetzt, ihn auf die abschüssige Bahn ge-
führt hat.
Jedermann, der Haden’s Einleitung mit Aufmerksamkeit studirt
hat, wird zugestehen, dass er sich in dieser Einleitung als einen fein-
sinnigen, scharf denkenden Kritiker bekundet hat und, da er ausserdem
als ein sehr bedeutender Radirmeister und Kenner angesehen ist, mit
guten Gründen manche der bisher als echt gegoltenen Radirungen
Rembrandt’s als Schülerarbeit nachgewiesen hat.
Mehrere Bedenken gegen Herrn Haden’s Anschauungen habe ich
bereits im »Deutschen Kunstblatt« 1877 Nr. 49 vom 13. September
niedergelegt, und da die Constatirung der Echtheit von grossem Werthe
für die Kunstwissenschaft ist und ich die Untersuchung seitdem fort-
gesetzt habe, so komme ich nochmals darauf zurück und hebe einige
bedeutende Blätter Rembrandt’s hervor, die derselbe nicht für echt er-
kennen will.
Herr Haden stellt die Behauptung auf, dass der »Barmherzige
 
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