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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Bode, Wilhelm von: Rembrandt´s Radirungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0306

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262

Dr. Sträter und W. Bode:

gewiss sehr berechtigt. Zieht man aber die Gemälde und Zeichnungen
aus derselben Zeit (1627—1631) zum Vergleich mit heran, so werden
diese Zweifel für die meisten dieser kleinen Radirungen schwinden
müssen. Dieselben Gestalten begegnen uns hier wie dort; dieselben
Eigenthümlichkeiten, dieselben Schwächen, welche wir hier beobachten,
sind auch für die frühesten Radirungen bezeichnend: gewisse Unge-
schicklichkeiten in der Anordnung, die derb naturalistischen Modelle,
die schwarzen undurchsichtigen Schatten, die flüchtige Behandlung
neben ängstlich durchgeführten Einzelnheiten, die Vernachlässigung und
zuweilen selbst schlechte Zeichnung der Extremitäten, die Uebertreibung
im Ausdruck. In höherem Maasse noch wie bei den gleichzeitigen Ge-
mälden empfindet man vor zahlreichen dieser kleinen Köpfe und Figuren,
dass sie nur als Studien entstanden sind, dass sie der Künstler auf
die Platte kritzelte, um irgend eine Lichtwirkung zu versuchen, um eine
interessante Pose zu fixiren oder selbst nur einen Versuch im Aetzen,
in Anwendung der kalten Nadel u. s. w. damit zu machen. Gerade
dadurch besitzen dieselben, wenn auch die eine oder andere darunter
durch Flüchtigkeit und gelegentliche Geschmacklosigkeit uns kalt lässt
oder selbst verletzt, ein hervorragend historisches und psychologisches
Interesse für das Studium des grossen Künstlers.
Abgesehen von diesen inneren Gründen, welche für die Echtheit
der meisten dieser besonders bestrittenen Radirungen aus den Jahren
1628—1631 und theilweise noch aus dem Jahre 1632 sprechen, sollte
man doch aber auch nicht gar zu leicht über die Bezeichnungen und
Daten, die fast alle diese Blätter tragen, hinweggehen. Sie stimmen,
bis auf wenige in der That unechte Bezeichnungen, in der Form wie
in der Schreibweise durchaus mit den Bezeichnungen seiner gleichzeitigen
Gemälde und Handzeichnungen überein; selbst in solchen Kleinigkeiten
wie dem Auslassen des d im Namen, der Anwendung und Form des
Monogramms RHL, der Zufügung des Familiennamens »van Ryn« u.s.f.
Selbst die gewitzigsten modernen Fälscher übersehen regelmässig die
eine oder andere dieser kleinen Zufälligkeiten; im 17. Jahrhundert wäre
die Beobachtung derselben schon bei einem einzigen Blatte ein Zufall.
Schon dadurch ist die Vermuthung von Louis Gonse, Titus van Ryn
und Hendrikje könnten nach Rembrandt’s Tode diese Fälschungen be-
gangen haben, hinfällig; ganz abgesehen davon, dass ja Titus schon
vor dem Vater gestorben war.
Aber könnten nicht Schüler Rembrandt’s unter seinen Augen diese
kleinen Blätter angefertigt haben ? Hatte doch der Meister das Recht
auf die Arbeiten seiner Schüler und durfte sogar seinen Namen auf
dieselben setzen, wenn er sie beaufsichtigt hatte. Dies ist in der That
 
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