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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Portheim, Friedrich: Andrea Mantegna´s Triumph Cäser´s
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0313

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Andrea Mantegna’s Triumph Cäsar’s. 269
Thatsache, dass wir in unserem Stiche nicht das voll ausgereifte Werk des
Meisters zu sehen haben, und ein Blick von hier auf das Gemälde belehrt
uns, in welcher Weise Mantegna es verstand, diesen Mängeln zu begegnen.
Durch eine einfache Drehung, welche seinen Körper nunmehr in Vorderansicht
erscheinen lässt, hat der nackte Knabe auf dem Elephanten festem Halt ge-
wonnen und fügt sich zugleich der Richtung des Zugs willig ein; die gesuchte,
aufsteigende Linie von den Trompetern zu den hohen Kandelabern ist nun
weitaus glücklicher hergestellt als zuvor. Sowohl seine Formen und seine
Bewegung als auch die des Genossen auf dem Rücken des Elephanten haben
aufgehört, eckige, ängstliche zu sein, Freiheit, Schönheit und Leichtigkeit
walten in allen Theilen. Diese Betrachtung führt uns auch unmittelbar auf
den herrlichen, stierführenden Jüngling im Vordergründe des Gemäldes, dessen
wunderbare Rettung aus Restauratorennoth ihn überdies heute zur besterhal-
tenen und damit schönsten Gestalt des ganzen Gyclus gemacht hat2). Die
Kanne ist weggeblieben; anmuthig hält der Knabe mit der Linken das Ende
des Zügels, welchen die Rechte führt; die Umbildung des Gewandes in einen
seitlich geschlitzten (dorischen) Chiton unterstützt glücklich den graziösen
Schritt, welcher durch die Wendung des Kopfes einen feinen Schwung erhält.
Die Musen auf Mantegna’s »Parnass« im Louvre schliessen kaum reizender
den schönen Reigen. Es ist, als ginge mitten durch zwischen den Stichen
und den Gemälden der National-Gallery der entscheidende Spalt, welcher die Früh-
renaissance von der Hochrenaissance scheidet. Treten wir nunmehr unbe-
fangen an jene Stiche heran, so werden sie mit grosser Wahrscheinlichkeit
in die siebziger Jahre, also vielleicht noch unter Lodovico Gonzaga zurück-
zusetzen sein, wodurch überdies die ihnen vorhergehenden Kupferstiche des
Meisters erst an ihren richtigen Platz rücken, wie an dieser Stelle nicht weiter
ausgeführt werden kann.
Dieses Ergebniss erlangt seine Bestätigung durch die Vergleichung des
zweiten, sich unmittelbar anschliessenden Stichs (Bartsch Nr. 13) mit dem
Gemälde Nr. 6 der Folge, nur dass hier die Unterschiede, wie sie die Motive
ergaben, weniger scharf in die Augen fallen. Vornehmlich ist die Last des
Tisches in ihrer Wirkung auf die Träger kräftiger zum Ausdrucke gekommen,
sowohl in der Haltung der Körper und Schultern, als in der Milderung des
Ausschreitens, welches auf dem Stiche den befremdenden Eindruck ungebühr-
licher Hast im Widerspruche mit der gemessenen Bewegung des gesamten
Zuges hinterlässt. Der bartlose Trophäenträger in der Mitte des Blattes wurde
auf dem Gemälde, vielleicht in Anbetracht der grossen Last, die ihm aufge-
bürdet ist, männlicher und bärtig gebildet. Immer aber sind es die Formen
im Einzelnen, welche die grösste Veränderung zeigen.
Nun besitzen wir noch zwei weitere Stiche zum Triumphzuge Cäsar’s
(Bartsch Nr. 11 und 14), welche heute kaum mehr im Ernste für Mantegna
2) Vergl. Waagen, Künstler und Kunstwerke in England und Frankreich I.
p. 382—387; die schönste und einzige geschmackvolle Würdigung dieses Werkes,
die wir besitzen.
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