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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Litteraturbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0377

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Litteraturbericht.

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gleichfalls von einem Paolo dell’ Abacco herrührten«. Wie sich dies nun ver-
halte, so viel ist sicher, dass Brunellesco die perspectivische Zeichnung zuerst
praktisch durchgeführt hat und also als Entdecker derselben gelten darf.
Die nun folgende Untersuchung von Brockhaus über die perspectivischen
Leistungen und Systeme einerseits der Florentiner und des an die florentinische
Richtung anknüpfenden, dieselbe jedoch vervollkommnenden Piero della Fran-
cesca, andererseits der paduanischen und endlich der mailändischen Schule,
zumal unter Lionardo, betrachten wir, wie gesagt, als die gelungenste Partie
des Brockhaus’schen Commentars, an welcher nicht nui' die umfassende Be-
rücksichtigung der einschlägigen Litteratur, sowie die klare, sachkundige Dar-
stellungsweise hervorzuheben ist, sondern die als eine Bereicherung der Wissen-
schaft erscheint, besonders durch den durch eine Construction unterstützten
Nachweis, dass die perspectivische Lehre, wie sie P. Gauricus entwickelt, mit
der von Mantegna in seinen Fresken in den Eremitani angewendeten überein-
stimmt, somit das paduanische System enthält, das sich vom florentinischen
durch seine mangelhaftere Ausbildung unterscheidet und daher nicht von
demselben abgeleitet sein kann.
Im V. Gapitel, die Nachahmung betreffend, weist Brockhaus nach, dass
auch hier eine Uebereinstimmung der Ideen des Gauricus und des Mantegna
in Bezug auf die Werthschätzung der Antike als Vorbild herrsche, eine Vor-
liebe, die auch schon im ersten, die Anforderungen an den Künstler ent-
haltenden Gapitel hervortritt.
Der Gommentar zum VI. Gapitel, Bronzeguss, hätte weit eingehender
und gründlicher behandelt werden können. Vor Allem scheint Brockhaus die
wichtigste Quelle über die Metalltechnik der Renaissance ganz entgangen zu
sein, wie aus verschiedenen Aeusserungen desselben, sowie daraus, dass er
eben den Hauptgewährsmann, Vannoccio Biringuccio, ganz verschweigt, mit
Bestimmtheit hervorgeht.
Zum VII. Gapitel: Die übrigen Arten der Bildhauerei, ist der
Gommentar des Herausgebers ebenfalls etwas kürzer ausgefallen, als es, wenn
er schon einen solchen geben wollte, Manchem erwünscht sein dürfte. — In
Bezug auf das Bemalen der Terracottafiguren mit Lein- oder Nussöl als
Bindemittel, welches P. Gauricus erwähnt, hätte Brockhaus z. B. auf die inter-
essanten Beispiele von Terracottabüsten, -Reliefs und -Figuren, die in dieser
Weise bemalt sind, wie die Büste Niccolö Uzzano’s in Florenz, verschiedene
Reliefs in S. Maria Nuova ebenda, Figuren und Grabmonumente in Verona
und Padua hinweisen können, die einen Beleg für des P. Gauricus’ Angabe
bilden. Auch die anderen polychromen Verfahren des 15. Jahrhunderts und
ihr allmähliches Verschwinden hätten bei dieser Gelegenheit erwähnt werden
können.
Wir kommen endlich zum letzten Gapitel des Commentars: Ueber be-
rühmte Bildhauer. Dieser Theil ist wieder sorgfältig ausgearbeitet und die
kurzen Notizen des Gauricus sind durch passende Bemerkungen und Hinweise
ergänzt und erläutert, auch das Eigene und Abweichende, welches P. Gauricus
an biographischen Notizen anderen Quellen gegenüber enthält, hervorgehoben.
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