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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Litteraturbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0376

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332

Litteraturbericht.

Das wichtigste Capitel in Brockhaus’ Commentar ist dagegen unstreitig
das IV., mit grossem Fleiss und Sachverständniss ausgearbeitete über die
Perspective. Brockhaus weist zunächst nach, dass unter diesem Namen die
Renaissance auch die Optik mit inbegriffen habe, während die Malerperspective
als praktische Perspective bezeichnet wurde. Sodann giebt er eine gedrängte
Uebersicht der Geschichte der Perspective, welche bereits unter den Mathe-
matikern des 13. und 14. Jahrhunderts, wie Vitellio, Paolo dell’ Abacco und
Anderen, ihre theoretischen Bearbeiter auf Grundlage Euklid’s fand. Diesem
Paolo dell’ Abacco möchte er auch die von Ugolino Verini S. 39 (Ed. 1636)
einem Paulus zugeschriebenen Bücher der Perspective zuweisen, welche
bisher, so auch von Janitschek in »Alberti’s kleinere kunsttheoretische Schrif-
ten« S. 10 als ein Werk des Paolo dal Pozzo Toscanelli bezeichnet wurden.
Und zwar nimmt Brockhaus an, dass Ugolino Verini zuerst von Paolo dell’
Abacco und erst hernach von Paolo dal Pozzo Toscanelli spreche. Ob aber
der Gedankengang und die Gonstruction der bezüglichen Verse dies zulassen,
scheint mir sehr zweifelhaft. Die betreffenden Verse lauten:
Quid Paulum memorem? terram qui norat et astra
Qui Perspectivae libros descripsit, et arte
Egregius medica multos a morte reduxit.
Niccolus explicuit Medicinae grande volurnen.
Nec minor Euclide est Albertus: vincit et ipsum
Vitruvium, quisquis celsas attollere moles
Affectat, nostri relegat monumenta Baptiste.
Glarus et astronomus Guido de stirpe Bonatti.
Paulus et astronomus; Paulus geometer, et idem
Philosophus; novitque omnes doctissimus artes etc.
Nach dem Context dieser Verse scheint mir der Gedankengang ungefähr
folgender zu sein: »Paulus kannte die Erde und die Gestirne, schrieb über
Perspective und rettete durch seine Arzneikunde Viele vom Tode.. Auch Nic-
colus schrieb über Medicin, und Albertus steht in der Geometrie dem Euklid
nicht nach, ein berühmter Astronom war auch Guido Bonatti. Paulus aber
war Astronom, Geometer und Philosoph zugleich; kurz er war in allen Dis-
ciplinen grundgelehrt .... (übertraf also jene eingeschalteten einzelnen Ver-
treter der Medicin, Geometrie und Astronomie dadurch, dass er in sich alle
diese Wissenschaften vereinigte.) — Uebrigens will ich nicht unterlassen zu
bemerken, dass im Gedicht des Verini an der Stelle, wo zuerst Paulus genannt
wird, eine Randglosse ihn als Paolo del Garbo bezeichnet; doch ist dies
vermuthlich ein Irrthum des Herausgebers Landini, von dem die Randglossen
wahrscheinlich herrühren, oder ein Druckfehler, indem unmittelbar vorher
schon von einem Dino del Garbo und dessen Sohn Tommaso del Garbo die
Rede ist. Eher als dass hier von zwei verschiedenen Paoli die Rede sei, ist
daher anzunehmen, dass es sich hier entweder um Paolo dell’Abacco oder
um Paolo Toscanelli handelt. Für erstere Annahme würde allerdings sprechen,
dass, wie Brockhaus (nach Tiraboschi Bd. VI, S. 395 f.) bemerkt, im Kloster
S. Trinitä »molte opere di prospettiva e geometria bewahrt wurden, welche
 
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