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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Neuwirth, Josef: Italienische Bilderhandschriften in österreichischen Klosterbibliotheken
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0450

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386

Dr. Joseph Neuwirth:

scheinlichkeit, dass die Handschrift in dem als Universitätsstadt für die Herstellung
von Handschriften wichtigen Bologna, wo der gefeierte Rechtslehrer auch 1348
starb, entstanden ist. Die Zeit der Ausführung des Miniaturenschmuckes fällt zwischen
1320—1342. Da nämlich die Wappenschilde des Bisthumes Passau und des säch-
sischen Fürstenhauses auf dem unteren Rande von Fol. la mit der Hauptdarstellung
organisch Zusammenhängen und die Anlage der künstlerischen Ausstattung die Ein-
beziehung derselben in das Ganze entschieden betont, muss der Auftrag zur Her-
stellung des Werkes von einer Persönlichkeit ausgegangen sein, die beide Wappen
zu führen berechtigt war. Dies kann nur der dem sächsischen Hause entstammende
Passauer Bischof Albrecht II. gewesen sein, der von 1320—1342 den bischöflichen
Stuhl von Passau innehatte und wahrscheinlich selbst die Handschrift dem von ihm
besonders geschätzten und geförderten Chorherrnstifte St. Florian schenkte; denn
die auf der ersten Seite und auch an anderen Stellen begegnenden Inscriptionen
bezeugen, dass der Codex schon im 15. Jahrhundert Eigenthum des Stiftes war.
Dass man als Entstehungsort der Miniaturen Bologna festhalten kann, lehrt
ein Blick auf die bilderreiche Ausstattung des »Officium Mariae virginis« in der
Bibliothek des Benedictinerstiftes Kremsmünster (Schatzkasten Nr. 4). Die Hand-
schrift, aus 185 Blättern 15.3 cm X 10.2 cm bestehend, enthält äusser dem »Officium
sancte Marie uirginis«, welches auf Fol. 82b mit den Worten »Ego Bartholomeus
de bartholis de Bononia scripsi hoc officium sancte Marie uirginis. Anno Natiuitatis
Domini Millesimo Trecentesimo quadragesimo et Nono Indictione Secunda die Martis.
XXHIj0. In uigillia Beate uirginis expleuj. De mense Martij.« schliesst, noch ein
mit Fol. 83 a beginnendes »Officium in peragendo mortuorum«, und endet Fol. 184b
also: »Finito libro Refferamus gratias Christo. Qui scripsit, scribat. Semper cum
domino uiuat. Viuat in celis Bartholomeus In nomine Felix. Amen.« Sowohl durch
diese Einzeichnungen, welche die Schreibweise des Namens Bartholomeus ganz gleich
zeigen, als auch durch den Charakter der Buchstaben erweisen sich beide Theile
der Handschrift als Producte des Bologneser Schreibkünstlers, welcher in dem
Missale Romanum der Münchener Bibliothek (Lat. 10 072) am Schlüsse genannt ist:
»Correctum et scriptum per me bartholomeum de bartholis de bononia scriptorem
mcccLXXHII. indictione XII. XIII. Feb.« Sowie aber als Miniator des letztgenannten
Werkes eine andere Persönlichkeit, nämlich der an zwei Stellen ausdrücklich genannte
Nicolaus de Bononia erscheint3), wird man entsprechend dem Wortlaute des
Kremsmünsterer Codex Bartholomeus de bartholis de Bononia nur als scriptor be-
trachten dürfen, während die Miniaturen von einer andern Hand stammen.
Dieselben beginnen auf Fol. 7a mit der Geburt Mariä, 4.1cm X 4.6cm.
Aus dem Bette, hinter welchem ein rother Teppich sich spannt, reicht die braun-
gekleidete, einen weissen Schleier tragende Mutter Anna das eingewickelte Kind
einer weiblichen Gestalt in dunkelrosafarbenem Mantel entgegen, während die
hinter dem Bette stehende grüngekleidete Frau der Wöchnerin in einem langhalsigen
Gefässe eine Stärkung anbietet; den unteren Blattrand füllen sechs Gestalten mit
flehend erhobenen Händen.
In dem 4.5cm X 3.8cm J auf Fol. 10b spielt sich die Scene der Verkün-
digung Mariä ab. Die hl. Jungfrau erscheint wie auf allen folgenden Darstellungen
in blauem, goldgesäumtem Mantel und mit Goldnimbus; der unter dem braunrothen
Throne Sitzenden, die aus einem rothen Buche liest, naht von links der blau- und

3) Woltmann-Woermann, Geschichte der Malerei, Leipzig, 1879, I. S. 475,
Anm. 2.
 
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