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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Litteraturbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0537

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Litteraturbericht.

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muss. Ohne im geringsten damit einen Vorwurf verbinden zu wollen, — ein
Werk von dieser Beschaffenheit muss ja begreiflicherweise sich engere Grenzen
stecken, — ist überhaupt zu bemerken, dass Czerny nichts anderes bietet, als
was über die in St. Florian beschäftigten Künstler und Kunsthandwerker das
Hausarchiv Neues verkündet. Zahlreiche derselben haben nun aber für die
weitere Kunstgeschichte Oesterreichs und selbst weiterhinaus so mancherlei
Bedeutung und so verbreiten denn auch die von Czerny gefundenen, auf
sie bezüglichen Nachrichten mannigfach neues Licht über ihre sonstige
Wirksamkeit, ergeben sich mannigfache Combinationen daraus über ihr Le-
ben, ihre Chronologie, Genealogie und Schule, — diese Dinge können nur
aus einer, das gesammte Kunstwesen Oesterreichs reichhaltig umfassenden
Kenntniss heraus gewürdigt und ergründet werden, wozu das Buch nur einen
Beitrag und Anstoss bietet, denn blosse, in einer Note beigefügte Auszüge
aus Nagler etc. reichen hiefür wohl nicht aus. Solch ein fleissiger Specialist,
der nur an einem Orte aus dessen archivalischen Quellen Neues zu
Tage fördert, hat oft keine Ahnung, welchen Dienst er durch Mittheilung
localer Notizen der Gesammtforschung leistet; wie er die bisherigen, irrthüm-
lichen Combinationen damit corrigirt, sobald seine neuen Funde mit Daten
von anderen Orten zusammengehalten werden, und er weiss in Folge dessen
auch in der Regel nicht, wie gegenüber seinem werthvollen Material und
den zum erstenmal publicirten Urkunden im Texte, die in der Fussnote bei-
gesetzte biographische Notiz aus einem unserer allgemeinen Künstlerlexiken
eine recht fadenscheinige Figur spielt, ja, zuweilen geradezu umgestossen
wird durch die Folgerungen, welche sich aus den hier gegebenen, neuen
Mittheilungen ziehen lassen, wenn man durch den Ueberblick über die ge-
sammten jüngsten Special- und Localforschungen im Stande ist, eine Cor-
rectur der allzulange von Buch zu Buch fortgeschleppten Irrtümer unserer
österreichischen Kunstlitteratur vorzunehmen.
Am reichlichsten fliessen auch für das kunstgeschmückte Stift St. Florian
die Quellen in der Periode des Barockstiles, während welcher es unter den
mit fürstlichem Prunksinn begabten Pröbsten Franz Claudius, Johannes Bapt. III.
und Johannes Georg II. seine Glanzzeit feierte. Künstler wie die Carlone,
Prandauer, Daniel Gran, Martino und Bartholomäus Altomonte, Gius. Ghezzi,
Leonhard Sattler, nehmen da die ersten Stellen ein, denen sich ein Heer von
Bildhauern, Malern, Steinmetzen, Stuccatoren, Kunsttischlern, Schmieden,
Goldschmieden, Stickern etc. anschliesst. St. Florian war im Anfänge des
18. Jahrhunderts eine grosse Kunstwelt für sich; die deutschen und welschen
Meister verschiedenster Richtungen lebten an dem Orte als Hausgenossen,
welche unaufhörlich, vom grossen Fresco und Kirchenbau bis zum Kästchen
und Ofen, Alles für das Local in vornehm künstlerischem Stile zu besorgen
die Obliegenheit hatten.
Anlässlich so vielfacher Herbeiziehung der aus den verschiedensten Ge-
genden stammenden Künstler und Kunsthandwerker kann es nun nicht fehlen,
dass auch in Sachen des Stiles an einem so wichtigen Platze die mannigfachsten
Elemente aufeinanderstossen. Dies spricht sich auf höchst interessante Weise
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