Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

DOI Heft:
Litteraturbericht
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0554

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
490

Litteraturbericht.

Bei der Besprechung der dem biographischen Abriss folgenden Tafeln
hätte Cavallucci bezüglich der Medaillons im Palast Riccardi auf deren Vor-
bilder in antiken Cameen, einst im Besitz des Cosimo Vecchio, hinweisen sollen,
die sich jetzt theils in Florenz, theils in Neapel befinden. Bei der hastigen
Art, in welcher seinerzeit meine Arbeit in Wien gedruckt wurde, sind leider
auch eine oder mehrere Seiten derselben weggelassen worden, auf denen ich
die verschiedenen für Cosimo vecchio von Donatello ausgeführten Arbeiten
aufzählte, darunter auch die Medaillons mit dem Nachweis ihrer Originale.
Den Greifen im Wappen der Martelli, eine der genialsten Schöpfungen
Donatello’s, die sein feuriges Stilgefühl am unmittelbarsten enthüllt, behandelt
Cavallucci als Stoff zu geringschätzig, wenn er sagt, dass dieses Werk im
Vergleich zu den anderen Donatello’s »sehr unbedeutend« (minima) sei, und
dass er darin eine mächtige Dialektik entwickelt habe, um »das Absurde wahr
zu machen«.
Absurd wäre dann freilich alle Ornamentik.
Zu Tafel 19 und 20 macht Cavallucci eine Bemerkung, wonach Miche-
lozzo einen stilistisch zähmenden Einfluss auf Donatello ausgeübt habe, indem er
ihn veranlasste, an der Kanzel von Prato die Kinder in Gruppen zwischen
Pilastern einzurahmen, wogegen Donatello in seinen Reliefs für S. Antonio in
Padua und die Kanzeln in S. Lorenzo die Figuren über den architektonischen
Rahmen hinausgeführt habe. Doch ist immerhin zu bedenken, dass es sich
bei letzteren um historische Reliefs handelt, wo die Architektur mit zur
Scene gehört, während die Reliefs der Kanzel in Prato rein decorative
Bedeutung haben.
Zu Tafel 27 klärt uns Cavallucci darüber wie über etwas Neues auf,
dass in dem Pferde des Gattamelata sowie anderen Renaissancepferden ein
Passgänger dargestellt sei, was er allerdings sich hätte ersparen können,
da dies längst beobachtet und angeführt wurde.
Um endlich von den 30 Tafeln zu sprechen, die das Werk schmücken,
so bieten sie zwar nur Weniges, was nicht in Einzelphotographieen zu haben
wäre, doch ist'ihre vollendete Ausführung nicht genug zu loben, und einige
prächtige Novitäten sind auch dabei. Zudem findet sich eine Anzahl guter
Holzschnitte nach Werken Donatello’s als Vignetten durch das Werk zerstreut.
Kurz für das Publicum, das sich von Donatello durch Anschauung ein Bild
verschaffen möchte, wird dieses elegante Album auserlesener Werke desselben
eine hochwillkommene Gabe sein. Ebenso wird der Text durch seine einfache
und klare Fassung, mag er auch hie und da des Unsicheren zu viel, des
Sicheren zu wenig bringen, seinen Zweck im Ganzen wohl erfüllen, das Pu-
blicum, in erster Linie Italiens, über die Bedeutung des selbst von der For-
schung noch nicht seit lange gebührend gewürdigten Meisters zu unterrichten,
sowie für seine Schöpfungen, von den Abbildungen unterstützt, zu erwärmen.
Innsbruck, 30. März 1886. H. Semper.
 
Annotationen