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Repertorium für Kunstwissenschaft — 9.1886

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Litteraturbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.66023#0561

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Litteraturbericht.

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Mindesten im Abbilde gerettet. Der künstlerische und der wissenschaftliche
Theil ist den bewährtesten Händen anvertraut. W. Hecht ist gekannt als ein
Radirer, der mit seltener Feinfühligkeit nicht bloss die mit dem Auge abzu-
lauschenden künstlerischen Qualitäten wiederzugeben vermag, sondern der auch
den Geheimnissen ganz subjectiver Stimmung die feinste Receptionsfähigkeit
entgegen bringt. Wer kennt ihn nicht als den meisterhaften Dolmetsch Böck-
lin’scher Bilder in der Schackgalerie —- und wie treu nachgefühlt sind nun
seine Radirungen nach Jan Both, R. Du Jardin, J. van der Meer, Frans van
Mieris, Rembrandt’s, Ter Borgh’s, de Vlieger’s aus der Wesselhoeft’schen
Sammlung! — Neben ihm sind L. Kühn, Eilers, Doris Raab, Raudner, Holz-
apfel u. s. w. in hervorragender Weise für die Bilderlese thätig. Und nun der
Text Bode’s. Welche Durchdringung von ganz seltener Kennerschaft und voller
Herrschaft über die weit ausgebreitete Litleratur! Bode beschreibt nicht bloss
das Bild und fügt einige Worte der Würdigung hinzu, sondern er skizzirt mit
Strichen, welche in ihrer Sicherheit den Meister bezeugen, den geschichtlichen
Entwicklungsgang und vermerkt dann, an welche Stelle das reproducirte Werk
eingefügt werden muss. Diese eminent geschichtliche Betrachtung, verbunden
mit dem feinen Beobachtungstalent für die specifischen Eigenheiten jedes
Künstlers und seiner Werke, gibt seiner Arbeit die hervorragende wissen-
schaftliche Bedeutung.
Das erste Heft behandelt die Werke italienischer Schulen in der Galerie zu
Oldenburg. Mit den Benennungen des officiellen Katalogs kann sich der Verfasser
in nur wenigen Fällen einverstanden erklären und seine eigenen wohlbegründeten
Vorschläge verdienen desshalb entschiedene Beachtung. Ich hebe Einiges hervor.
Nr. 8 Bildniss, im Katalog als »Masaccio zugeschrieben« vermerkt, erscheint dem
Verfasser als ein Werk des Sandro oder Filippino; Nr. 8 a »Lorenzo di Gredi«
— fast wie ein unter italienischen Einflüssen ausgebildeter Niederländer; Nr. 8b
»Lorenzo di Gredi« — ein Lionardoschüler; Nr. 9 »Filippino Lippi« — als
Werk eines Nachfolgers des Lippi; Nr. 32 »Gaudenzio Ferrari« — als Defen-
dente Ferrari; Nr. 37 »Salai« — als Giampietrino; Nr. 38B »Boltraffio« —
als Ambrogio Preda. Hervorheben möchte ich auch die, wie mir erscheint,
stichhaltigen und überzeugenden Einwendungen gegen Lermolieff’s Zuweisung
des Frauenbildnisses (Bianca Maria) in der Ambrosiana an Ambrogio de Predis.
Des Verfassers Beweisführung ist eine kräftige Stütze der älteren Annahme,
welche in dem Bild der Ambrosiana eine zweifellose Leistung des Lionardo
sah. Heft 2 bis 5 sind der Sammlung Wesselhoeft in Hamburg gewidmet.
Da diese Sammlung fast ausschliesslich Niederländer enthält, und da wieder
besonders Holländer, so hat hier Bode für die Erläuterung jene eindringliche
Art der Erläuterung gewählt, der früher gedacht wurde. Doch erhalten wir
neben der gehaltvollen geschichtlichen Skizze des Entwicklungsganges auch
Einzeluntersuchungen über wenig gekannte und wenig gewürdigte Meister; so
gleich am Beginn die über den Landschafter Millet, dann über Alexander
Keirincx, über die Künstler des Namens Koedijck u. s. w. Man staunt immer
wieder über die Kenntniss, welche der Verfasser von den holländischen Klein-
meistern besitzt, und worin er wohl ohne Rivalen dasteht.
 
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