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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 28.1918

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Heft 1/2
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Schäfer, Lisbeth: Die "Jugend" aus den Ländern am Rhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.26488#0023

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Gottfried Graf.

Abb. 16. Häuser.

zeigen, wie er sich mit der Aufteilung der Fläche in
streng geordnete Figuren auseinandersetzt, um so hinter
das Geheimnis der Linie zu kommen, die als Ausdruck
der Gestalt bedeutsam ist. Der „betende Christus" und
„Zeppelins Beerdigung" sowie sein Holzschnitt „Jagd"
sind wirkliche Graphik, das ist Versuch, eine Chiffre zu
finden für die Jdee, die sich mit dem einfachen Mittel
schwarz-weiß ausdrücken läßt. Eberhard, dessen Blätter
streng thematisch gebaut sind, hat zwei Blätter: „Straßen-
kampf" und „Platzende Granate". Das erste zeigt den
Ausschnitt der Luft zwischen den Häuserreihen als un-
geheure Gestalt, deren Umrisse die Hauserzeile aus-
einander zu sprengen scheinen, so daß die kämpfenden
Figuren unten nur wie Ergänzungen wirken, das andere
spricht mit der leeren Fläche um das zerplatzende Ge-
schoß das ganze zerstiebende Entsetzen aus, das sich
um das Ereignis breitet. Seltsam dagegen wirkt
Campendoncks erotische Ornamentik, die eine den Ja-
vanen entlehnte Flachenkunst in unsere Technik über-
trägt, ohne sie uns anders denn als Seltsamkeit nahe
bringen zu können.

Wie immer, seit der Krieg den Transport so sehr
erschwert, ist die Plastik ein vernachlässigtes Kind der
Ausstellungen. So sei doppelt gern auf zwei kostbare

Stücke hingewiesen, die die „Jugend" in den Ländern
am Rhein in Köln zeigte, eigentlich waren es drei; zwei
Figuren von Albiker: eine „Kauernde", die wir als
Abbildung bringen und deren hvlde Musik der Gebärde
jeden bewegen muß, und einen Torso von sehr herber
Schönheit, beide nicht groß und wohl als Schaustück
eines Privatraumes geeignet. Warum wohl gerade
Plastik viel seltener von Laien gekauft wird, vielleicht,
weil sie nicht schmückt? Gibt es einen schönercn
Schmuck als eine Figur, deren Umriß täglich neu
in einem anderen Licht lebendig wird? Und dann ein
Eselchen, d. h. ein Wildesel von P. Kratz, einem noch
jungen Künstler, den wir aber schon ein paarmal
nennen konnten. Das Eselchen steht mit einer so
zerbrechlichen Grazie auf den etwas zaghaft und doch
ganz bestimmt aufgestellten Beinen, und sein dicker
Kopf ist voll soviel melancholischer Trauer, daß man
dies alles zuerst sieht, ehe man die schöne Stilisierung
wahrnimmt, die alle Naturtreue in ganz wenige Linien
zu bannen wußte und diesem an sich gar nicht heroischen
Gegenstand eine Größe verlieh; auch dies Eselchen sollte
Freunde finden, zumal es weniger kostet als ein paar
neue Vorhänge heute. f759sj

Lisbeth Schäfer.

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