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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 28.1918

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Heft 1/2
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Schäfer, Wilhelm: Die Jugend und das Publikum
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https://doi.org/10.11588/diglit.26488#0024

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Cugen Segewih. Abb. 17. Gladiolen.

Die Iugend und das Pubkkum.

s muß einmal in aller Ruhe davon gesprochen
werden, warum cine Ausstellung wie diese, die
sich wirklich bis auf eine einzige Ausnahme aller
„artistischen Erperimente" enthielt, die durchweg nicht
nur Gewolltes, sondern auch Gekonntes gab (wosür die
Jury durch Prof. Claus Meyer, Prof. Bernhard Pankok,
O. W. Roederstein, K. E. Osthaus und Wilhelm Schäfer
absoluteGewahrgab): warumeinesolcheAusstellungEnt-
rüstung hervorrufen und ihrem Gastgeber, dem Kölnischen
Kunstverein, Ungelegenheiten seitens empörter Mit-
glieder zuziehen konnte. Etwa zu sagen, das Kölner
Publikum sei besonders unzulanglich (zu welcher Be-
hauptung in Köln wie in anderen Stadten diejenigen
rasch bereit sind, die sich im landlaufigen Geschmack ihrer
Stadt einsam fühlen), geht nicht an. Der Verband hat
z. B. im vergangenen Frühjahr mit einer ähnlichen Aus-
stellung in Darmstadt eine wirkliche Hetze erlebt, und
schließlich hat gerade die Kölner Ausstellung recht nennens-
>verte Verkärife erzielt (für rund 8000 Mark der so ent-
rüstet angegangenen Werke gingen in Privatbesitz). Es
muß sich um eine grundsatzliche Eigenschaft der jungen
Kunst handeln, durch die sich die Anschauung des ge-

bildeten Bürgers (uni dessen Entrüstung allein handelt
es sich wohl) geradezu beleidigt fühlt. Von dieser grund-
satzlichen Eigenschaft zu sprechen, ist die einzige Möglich-
keit, den Streit zu klären.

Sollte dabei nur Meinung gegen Meinung stehen,
wie das Publikum und die ihm gemäßen Kritiker an-
zunehmen scheinen, so wäre aus der Klarung natürlich
kaum eine Schlichtung zu erwarten; es stände Gleich-
wertiges in einem Gegensatz, der sich durch einen Kom-
promiß verkleistern, aber nicht aufheben ließe. Aber
gerade dies, daß es sich nicht um Meinungen, sondern
um den von Fichte so glanzend entwickelten Gegensatz
von Meinen und Denken handelt, gibt dem Streit die
Schärfe. Das Publikum (meist garnicht ahnend, daß
die Grundlage seiner Abneigung eine Anschauung bildet,
die als das Ergebnis bereits gültiger Kunst nichts weniger
als natürlich ist, wie es meint) tritt garnicht in den Be-
reich des künstlerischen Denkens, aus dem die Absichten
der Jugend begriffen und ihre Leistungen bewertet
werden könnten. Es meint, seine Konvention sei eine
Art Gesetzestafel, aus der sich Kunstwerke verurteilen
oder rechtsprechen ließen; es geht ihm dannt wie aller

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