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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 28.1918

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Heft 1/2
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Schäfer, Wilhelm: Die Jugend und das Publikum
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https://doi.org/10.11588/diglit.26488#0026

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Aie Jugend und das Publikum.

Meinung, die sich für absolut hält, sie wird zur Necht-
haberei, die ihre Bestreitung als eine persönliche Kränkung
auffaßt und angeblich Gleiches mit Gleichem, in Wirk-
lichkeit Gekränktheit mit Krankung vergilt. Daß die
jungen Künstler im Awang einer Pflicht stehen und
daß ihre Entwicklung sich im Bann einer naturgesetzlichen
Macht vollzieht, daß der Meinung des Publikums also
die Logik des Denkens gegenübertritt, davon ahnt es
zumeist wenig, weil ihm der unbarmherzige Awang des
künstlerischen Willens unbekannt ist, weil es nur Laune
und Willkür sieht und sich also von einem unpassenden
Hochmut in seinen für gerecht gehaltenen Ansprüchen
verachtet fühlt.

Es kann sich in dieser Auseinandersetzung nicht darum
handeln, den Awang der Pflicht in der Arbeit unserer
jungen Künstler im einzelnen darzutun. Einmal ist das
in diesen Blättern wirklich genügend oft und von den
verschiedensten Seiten aus versucht worden; zum andern

aber kann damit in diesem Streit so lange garnichts
gewonnen werden, solange der Gegensatz von Meinen
und Denken nicht grundsätzlich anerkannt worden ist.
Denn zu der Ungeheuerlichkeit, die ganze Bewegung
der jungen Malerei als außerhalb der Kunst und ihrer
Anforderungen stehend abzutun und somit ihre Träger
als unnütze Lausbuben zu erklären, die um den Tempel
der Kunst ihr Geschrei machen: zu dieser ungeheuerlichen
Torheit wird sich kein ernsthafter Betrachter hinreißen
lassen. Gehört aber das, was die Malerei unserer Jugend
will, zur Kunst, so steht die unbarmherzige Logik ihrer
Entwicklung gegen die Meinung an Aeitgenossen, die
ihr nicht zu folgen vermögen, die sich über den Pegasus
erzürnen, weil ihn ein höherer Wille in die Lüfte reißt,
während er nach der Meinung seiner Mitpferde vor dem
Pflug oder Milchkarren gehen sollte, welche Tatigkeiten
achtunqswert, aber nicht seine Sache sind.

W. Schäfer.

Karl Albiker. Abb. 20. Kauernde (Brouze).
 
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