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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 28.1918

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Heft 3/4
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Zech, Paul: Peter Baum zum Gedächtnis
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Röttger, Karl: Legende
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https://doi.org/10.11588/diglit.26488#0092

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Peter Bamn zum GedLchtnis.

Daß meine Hande dann hilfios suchen
qanz wie die deinen
und meine Lippen mich so verfluchen
und weinen.

Jcdcn Abend überkommst du mich so.

Zwci ganz gleiche Totenvbgel
sliegen dann über den Kirchhof.

* *

Liebespsalmen.

I.

Deine Nachte klagen in meine Tage,

tuich mein Träumen rieselt tas Blut deiner Füße.

O ich will dir forttrinken alle Tränen,

ich will dich tragen untcr meine Wipfel.''

Meine Wipfel sind kühl und voll Frieden
und baden s ch hcch in tiefen Wassern.
Himmelstiefen tropfen zu uns hernieder,
aus ewigen Meeren, durch heilige Wipfel.

Schlummre du tief >n meinen Armen!

Meine Augen sind stahlharte Engel;
die wachen über deinen Frieden. ^

IV.

Wcnn die Rosen des Morgens aufstaunen,
möchte ich zu dir kommen!

Jch brächte deiner Stirne kühlen Tau
und deinen Lippcn Lachen.

Jn meincn Nächten schreckt mich deine Einsamkeit;
schmiege dich tief in dic Flügel meiner Seele;
dunkel rauschcn sie über die Meere,
bis sie zu dir sich fanden.

Ich sagte schon eingangs: wenige wußten um Peter
Baum. Niemand rühmte ihn. Nicht scine Heimat,
nicht Berlin, wohin er aus der Heimat floh; wo er zwei
Jahrzehnte fast lebte und den Stein-Trotz, den nervösen
Rhythmus des Verkehrs, nie verstand.

Er hatte kein Bedürfnis nach Ruhm. Er verschmähte
jcdes Mittcl, ihn herbeizuzwingen; sei es durch das
Megapbon einer windigen Clique, sei es durch Ver--
öfs>.ntlichungen in Unterhaltungsschriften zur billigen
Pcpularität.

Er war ein zu Stiller im Lande, ein Christus der
Seele, zu durchdrungen von Kunst als Heiligtum, als
daß er sich plakathaft« r Mittcl bedient hätte, seine Kunst
anzuzeigen. Er war immer entrückt, wie Peter Hille,
Else Lasker-Schüler, die er beide liebend verehrte, die
ihn licbten und verchrten. Er war dem Pöbel — ein
öffcntliche Argernis.

Und man wird c.uch ncch heute versuchen, Werk und
Mensch zu einem Fragmcnt zu erniedern. Woabersind

heute dreieinige Vollendungen, solch ein Stuck-
werk zu einem Weltbild zu harmonisieren? ..

Greis.

Länder und Seen durchschwommen
brünstig allen Fernen.

Witte e nun in den Nächten
nach Ländern über Sternen.

Als ich ei'n Kind war,
glänzte so weit mcin Teich,
hinter jedem Wipfcl
grünte ein Aukunftsreich.

Stützt zu Berg mich, Söhne,
dicht >n meine Nähe,
daß ich ncch einmal
die kleine Erde sehe."

In der Nacht zum 6. Juni vcrschied Peter Baum.
Ein glatzköpfiger, graubebartcter Soldat Mitte der Dier-
zig. Vcrschied im Brauscn des Trommelfeuers, keine
3000 Mctcr von dem Graben, wo wir durch eine zerschcs-
sene Schießscharte den aufgehenden Mond, edelweißen
Birkcnwold und Gottes stille Stcrne sahen . . . gebcte-
lang. s652) Paul Aech (im Fclde).

egende. Von Karl Röttger.

Da saßen vorm Tor der Kleinstadt die alten Frauen
Mit ihrem Strickzeug auf Bänken unter den Linden,
Die Humpelnden, Hüstelnden und Halbblinden,

Sie schwatzten, mümmelten, strickten,

Lobten den milden Herbst, das warme Licht, blickten
Den Kindern zu im Sand. Die waren am Vauen. —

Und über den einsamen Kieswcg kam ciner gegangciV
Langsam und lächelnd, und blieb stehn
Bei den Kindern, wie um zu sehn,

Ob ihnen die Burgen, Mauern und Häuser gelangen.

Dann ging er zu den Frauen hinüber, die rückten dichter,
Und Jesus setzte sich zwischen sie. Sprach niit ihnen
Vom Lauf der Jahre. Lächelte. Und vom Schein der
Jm Laubwerk war sein Antlitz beschienen. sLichter
Dann schwiegen sie alle. Nur daß die Kinder noch
Ein sonniges Schweigen war auf der Bank. flarmten.
Freundliches Nicken, Mümmeln und Stricken;

Aus trüben Augen ein glückliches Blicken

Jn die lieben Strahlen, drin die alten Seelen sich wärmten.

Und Jesus schwieg. Sah alles an. Und sagte leise:
Nie wird die Wclt alt. Kindheit und Licht
Sind immer. — O Glück, vor dem Heimattor
Au sitzen, zu rasien. Auf mciner Reise,

Weit in den Ebenen der Wclt, wußte ich nicht
Vom Glück der Heimat und Heimatsiille mehr,

Das Wandern ist schwer. —

Dann stand er auf. Sein dunkles Gewand
Glänzte wie scin Gesicht. Mit guten Blicken
Segnete er alle Kinder, alle Frauen
Und ging. Winkte zurück mit der Hand.

Da hörten die Frauen auf mit Mümmeln und Stricken
Und sahen ihm lange staunend nach: wie er verschwand.

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