Wilhelm Schäffer. Kantine.
Zeichnungen aus dem Fi
s war vorauszusehen, daß der Krieg von sehr
vielen Malern und -Zeichnern stofflich verwertet
werden würde. Die gar nicht zu überbietende
Mtualität des Ereignisses — die Mannigfaltigkeit
äußeren und inneren Geschehens — die Einreihung wohl
der meisten Künstler in das Heer — sie mußten, ganz
abgesehen von der für nicht wenige maßgebenden Er-
wagung, daß die Einstellung auf die das ganze Volk be-
wegende Gegenwart die Absatzmöglichkeit solcher Arbeiten
steigern müsse, zur Darstellung kriegerischer Begeben-
heiten oder durch sie veranlaßter Austände drängen.
Nicht minder war aber auch vorauszusagen, daß wohl
nicht allzuviel von dauerndem Werte entstehen werde.
Denn nicht nur ist an sich schon die Iahl der Künstler,
die solchen Schaffens fähig sind, eine geringe, gemessen
an der Iahl derer, welche die Ausübung der Kunst zu
ihrem Lebensberuf erwählt haben, es mochte auch — wie
ich dies in meinem Buche „Krieg und Kunst" ausführ-
lich begründet habe — in der ersten, so leicht begreiflichen
Erregung mancher meinen, er müsse sich mit einem Stoffe
auseinandersetzen, der gerade für seine persönliche Art
zu gestalten kein brauchbarer Stoff war. Die lange
Dauer des Krieges hat nun selbst eine Scheidung voll-
? von Wilhelm Schäffer.
zogen. Wer nur gleichsam irrtümlich den Krieg zum
Gegenstand seines Schaffens gemacht hatte, ließ ab,
nachdem er erkannt hatte, daß seine Begabung ihm ein
anderes Feld der Betätigung zuwies. So sind heute nur
noch zwei Gruppen von Künstlern mit Bildern, Acich-
nungen und Skizzen des Krieges beschäftigt: dic
wenigen, denen der Krieg nicht nur zu einem innerlichen
Erlebnis ward, gleichgültig welcher Art, wie allen, die
ihn kämpfend oder leidend mitmachten, und die vielen,
denen die Wiedergabe des Gesehenen oder auch des
Nichtgesehenen cine Erwerbsquelle ward, und die sich
aus demselben Grundc heute mit dem Krieg befassen,
aus dem sie gestern Genreszenen oder photographisch
getreue Naturausschnitte nialten oder was immer dem
augenblicklichen Geschmack des kaufenden Publikums
gemäß schien. Wert haben natürlich nur die Schöpfungen
jencr, die der Krieg als geistiges und malerisches Erleb-
nis ergriff, und die seine Geschehnisse versinnlichcn,
wcil sie heute nicht anders können. Einige unter ihnen
haben Kampf und Entbehrung, Gefahr und Wunden
nur in der Phantasie erlebt. Sie suchen denn auch
nur auszudrücken, wie sie das ungeheuere Geschehen
fühlen, und rücken ab von der Darstellung einer Wirk-
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Zeichnungen aus dem Fi
s war vorauszusehen, daß der Krieg von sehr
vielen Malern und -Zeichnern stofflich verwertet
werden würde. Die gar nicht zu überbietende
Mtualität des Ereignisses — die Mannigfaltigkeit
äußeren und inneren Geschehens — die Einreihung wohl
der meisten Künstler in das Heer — sie mußten, ganz
abgesehen von der für nicht wenige maßgebenden Er-
wagung, daß die Einstellung auf die das ganze Volk be-
wegende Gegenwart die Absatzmöglichkeit solcher Arbeiten
steigern müsse, zur Darstellung kriegerischer Begeben-
heiten oder durch sie veranlaßter Austände drängen.
Nicht minder war aber auch vorauszusagen, daß wohl
nicht allzuviel von dauerndem Werte entstehen werde.
Denn nicht nur ist an sich schon die Iahl der Künstler,
die solchen Schaffens fähig sind, eine geringe, gemessen
an der Iahl derer, welche die Ausübung der Kunst zu
ihrem Lebensberuf erwählt haben, es mochte auch — wie
ich dies in meinem Buche „Krieg und Kunst" ausführ-
lich begründet habe — in der ersten, so leicht begreiflichen
Erregung mancher meinen, er müsse sich mit einem Stoffe
auseinandersetzen, der gerade für seine persönliche Art
zu gestalten kein brauchbarer Stoff war. Die lange
Dauer des Krieges hat nun selbst eine Scheidung voll-
? von Wilhelm Schäffer.
zogen. Wer nur gleichsam irrtümlich den Krieg zum
Gegenstand seines Schaffens gemacht hatte, ließ ab,
nachdem er erkannt hatte, daß seine Begabung ihm ein
anderes Feld der Betätigung zuwies. So sind heute nur
noch zwei Gruppen von Künstlern mit Bildern, Acich-
nungen und Skizzen des Krieges beschäftigt: dic
wenigen, denen der Krieg nicht nur zu einem innerlichen
Erlebnis ward, gleichgültig welcher Art, wie allen, die
ihn kämpfend oder leidend mitmachten, und die vielen,
denen die Wiedergabe des Gesehenen oder auch des
Nichtgesehenen cine Erwerbsquelle ward, und die sich
aus demselben Grundc heute mit dem Krieg befassen,
aus dem sie gestern Genreszenen oder photographisch
getreue Naturausschnitte nialten oder was immer dem
augenblicklichen Geschmack des kaufenden Publikums
gemäß schien. Wert haben natürlich nur die Schöpfungen
jencr, die der Krieg als geistiges und malerisches Erleb-
nis ergriff, und die seine Geschehnisse versinnlichcn,
wcil sie heute nicht anders können. Einige unter ihnen
haben Kampf und Entbehrung, Gefahr und Wunden
nur in der Phantasie erlebt. Sie suchen denn auch
nur auszudrücken, wie sie das ungeheuere Geschehen
fühlen, und rücken ab von der Darstellung einer Wirk-
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