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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 28.1918

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Heft 11/12
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Kuckhoff, Adam: Große Berliner Kunstausstellung Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.26488#0224

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Große Berliner Kunstausstellung Düsseldorf.

Gefühl und Können der Generalionen ihm überlicferte.
Und so folgen wir der Spur der Farbe weiter, finden
sie bei Schönnenbeck etwa in dem aus grauem
Abendlicht grell ins Helle springenden Gelb eines Iettels
an der Wand der „Nachbarn", oder dem tonangebenden
Weiß der Manschette in einem geschmackvollen „Herren-
portrat" aufgelockerter und breiterer Art, während rechts
die intensive Farbigkeit eines „Abendfriedens in Dort-
recht" von Heinrich HermannS golden übersponnen
herüberleuchtet und wie selbsiverfiändlich zusammengeht
mit dem „Gelehrten" des doch ganz anders gearteten
Claus-Meyer. Durch einen Saal nnt vielen Stücken
Andreas Dierks^ — ein klcines Format „Brandung"
ist uns näher als dic oft wattigen großen Marinen — an
Hambüchen vorbei, dessen Liebe dem grauen Reiz
der niederdeutschen und flandrischen Binnengewässer
gehörH zu Kampf mit seinen stets wohligen Stücken,
darin er vor allem ein gewisses Lila und Rot delikat zu
benutzen versteht. Ein Bild von Bretz, „Dorfim Sieben-
gebirge", klarliniger als Kampf, brückt im Farbigen an
ihn an, leicht und sclbstandig, wie die morgendliche
Duftigkeit des „Drachenfcls im Nebel" und der still
dunkelnde „Apfelbaum" dieses schlichten Lyrikers eine
zarte Eigenheit haben. Jn seine Generationsverwandt-
schaft gehören Köhler und Jungheim (mecklenbur-
gische Landschaft heller gcdiegener Malerei), weiter
auch Schmurr, der sich aus dcnt Erlebnis des Ostens
um eine neue Note bemüht. Jm Portrat bleibt rms
Älteres, das „BildniS der Mutter", um des Seelischen
willen lieber. Was für diese jüngeren Fortbilder Düssel-
dorfs einnimmt, ist die untuerische Einfachheit, die be-
scheidene still schaffen.de Iurückhaltung, wie sie von der
älteren Generation neben anderen (Junghanns:
eine kleine „Rast am Flußufer") dic Arbeiten Helmut
Liesegangs so liebenswcrt macht. Besonders still
meisterlich ist er diesmal im Weißverschleierten der
schneeigen Luft eines seiner städtischen Winterniotive
(„Bahnübergang Derendorf").

Auch Walter Heimig erweist in frühercn Stücken
(„Raucher", „Vor dem Spiegel") gediegene Tüchtigkcit.
Jn späteren Arbeiten geht er in dem Bedürfnis, aus der
Enge der Schule herauszukommen, leider zu eincr stark
effekthaften Malerei über, eine Ausartung, die die hoch
gediegene Ausbildung dcr Schulmittel verführerisch
nahelegt. Sie frißt an einer malerisch starken Begabung
wie Schreuer, der seine Manier zu einem hastigen
Virtuosentum abhetzt, und bestimmt Hans Kohl-
schein unbedenklich zu Aufgabcn, die ihm nicht liegen:
er malt die Unabhangigkeitserklärung Polens auf viele
Ouadratmeter ebenso leicht hingehauen wie die sinnen-
vergnügten, frischen, keckcn Weiberbildchen von der
Pragainsel, „Iakroczynska", „Windstoß im Ghetto",
nur daß hier seine augen- und handschnellck Art lebendig
am Platze ist.

Man kann die Kohlschein, Stern (typisch für ihn
vom Licht der Kerzen leicht übertönte Chorknaben),
Reusing mit seinen Allerweltportrats, Kukuk, nicht
mehr mit Fug zur rein Düsseldorfer Malerei rechnen.
Sie bilden bei gewisser lokaler Anlehnung den Über-
gang zu jenen, die irgend außerlich zu Düsseldorf in
Beziehung stehen. So gehören nach München: Ederer

mit seiner dekorativen Farbigkeit (hübsch zwei Pastell-
putten) und Münzer, der mit einem „Damenbildnis"
im Apsissaal gut besteht. Die drei Sohn-Rethel
sind geborene Düsseldorfer, im übrigen geht jeder seine
eigenen Wege. Otto zeigt sehr sorgfältige Bildnisse,
die von einer verblüffenden Ähnlichkeit sein müssen,
Alfred fand in Polen eine neue Note, starke dunklere
Farben auf hellcnt Grund, oft Schnee, überzeugt aber
mehr in eincni wirklich mondanen „Damenporträt".
Carli legt die erste Ausbeute seiner indischen Reise vor,
Kompositionen des neuen Stils in dunkel leuchtenden,
gewählten Farben, aber formal noch stark gequält und
konstruiert (Betonthcit des Dreiecks in „Abenddämme-
rung"). Artur Kaufmann kommt in einem breit
gemalten Doppelbildnis Eulenbergs und seiner Frau
und dem sehr charakteristischen Flechtheims in Uniform
etwas grob, aber wuchtig. Eine hübsche Kuriosität
die Arbeiten von Lore Uphoff-Schill; anknüpfend
an Miniaturhaftes gibt sie emailfarbige graziöse Rahmen-
füllungen, einmal altdeutsch, dann orientalisch, nianchmal
aus dem Gegenstand Empfundenes, oft aber auch nur
reizvoll Figürlich-Ornamcntales: liebenswürdige Sachen
auf der Grenze zwischen Kunst und Kunstgewerbe,
worauf schon die dekorative Einbeziehung des bemalten
Rahmcns in die Gesamtwirkung deutet. Richtig hängt
sie in der Nahe der Jlna Ewers-Wunderwald,
deren Hauptreiz auch in einer Kuriosität, deni bewun-
dernswert bienenhaft-kleinzelligen Aufbau ihrer japani-
sierenden Blätter besteht.

Und dann enthalt da noch ein grvßer Saal zwei nah
verwandte starke Könner: Deußer und Clarenbach.
Ja die Verwandtschaft erscheint diesnial so groß, daß
nian schon von einem Einfluß des einen auf den andern
sprechen muß (und zwar Deußers auf Clarenbach).
Die stilistische Ahnlichkeit zwischen Clarcnbachs „bergi-
schem Land" und Deußers „Köln" etwa wirkt schon
nicht niehr zufallig. Überhaupt hat nian bei Clarenbach
das Gefühl einer nervösen Aufgeregtheit, als fürchte
er irgendwie hinter der Ieit zurückzubleiben. Er er-
perimenticrt heruni, nianchmal, wie in eincm gelb-
grünen Stück „Abend", mit bedenklichem Ergebnis,
versucht mit den in der neuen Malerei von heute sehr
bcliebten breit ausgezogenen Svnncnstrahlen zu wirken,
erweckt Iweifel an der einfühlcndcn Strenge seines
impressionistischen Erlebnisscs, wcnn er den Niederrhein,
den fast stetü verschleiertcn, zu einem Strom hellster
Farbenfrische macht, und bleibt auch nicht sehr sympathisch
mit dem wenngleich virtuosen Effekt eines überblauen
Wasserspiegels. Dabei sind zwei Stücke von ihni zu
sehen, die wie mahnende Beispiele dessen dahangen,
was er kann: ein „Vorfrühling" seiner späteren hellcren
Art mit dem Weiß des Baus und dem Iiegelrot des
Daches, äußerst wirksam aber durchaus nicht reißerisch
genialt, und eine Weiterbildung der grauen Flußstücke,
mit denen er verheißungsvoll begann. Das ist Ent-
wicklung: etwa von der „Winterlandschaft", die in der
Städtischen Kunsthalle hängt, zu diesem im Grundton
ähnlichen, aber im satten farbigcn Empsindcn und im
Technischen zu äußerster malerischer Meisterschaft durch-
geführten „An der Schtara". Es mag nicht leicht sein,
an einer Stilwende nicht zu den Jungen zu^gehören.

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