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Die Anfänge des Pflanzenornaments etc.

Strauch, oder selbst als niedriges Zierblumengewäehs, sondern vielmehr
deren einzelne Theilc, Blüthe oder Blatt, die man zu Symbolen ver-
wendet hat. Wir werden sehen, dass solche Theile schon in den
ältesten Denkmälern der egyptischen Kunst mehrfach bis zur Unkennt-
lichkeit stilisirt gewesen sind: trotz ihrer Verwendung in gegenständ-
lichem Sinne trugen sie somit bereits damals in sich den sicheren Keim
späterer ornamentaler Bedeutung und Fortbildung.

Der künstlerisch wichtigste, weil vollendetste Theil eines Pflanzen?
gebildcs ist die Blüthe mit ihrer farbenprächtigen Krone, die sich in
der Eegel aus dem Kelche strahlenförmig entwickelt. Die Vorstufe zur
Blüthe bildet die in der Regel spitz zulaufende und darum zur Bekrö-
nung geeignete Knospe-, der dritte wichtige Theil ist das Blatt. Die
Frucht tritt dagegen im ältesten Symbolismus und daher auch in der
ältesten Ornamentik merklich zurück: die nächstliegende Erklärung für
diese bemerkenswerthe Thatsache mag zum Theil vielleicht darin zu
suchen sein, dass die Frucht wegen ihrer wenig gegliederten, oft
asymmetrischen Form sich der künstlerischen Nachbildung nicht sonder-
lieh empfahl.

Ein sehr wichtiges Element in der Pflanzendarstellung, insbesondere
mit Rücksicht auf die spätere ornamentale Entwicklung, ist endlich der
Stiel. Durch den Stiel wird es nämlich erst möglich die einzelnen
Blüthen, Knospen und Blätter untereinander in Verbindung zu setzen;
diese Verbindung ist aber hinwiederum die Vorbedingung . für eine
zusammenhängende Ausfüllung sei es bandartiger Streifen, sei es decken-
artiger Flächenfelder mit vegetabilischen Motiven. Der Stiel tritt uns
nun in der altegyptischen Kunst überwiegend nicht als ein der Wirklich-
keit nachgezeichnetes Gebilde, sondern als ein lineares, geometrisches
Element entgegen. Dadurch war er von vornherein befähigt, alle die
geschwungenen und gerollten Formen anzunehmen, die den rein geo-
metrischen, aus Curven gebildeten Configurationen zu Grunde liegen.
Hiernach erscheint der Stiel als ein ganz besonders wichtiger Faktor
für die zunehmend ornamentale Ausgestaltung der ursprünglich gegen-
ständlich-symbolischen Pfianzehmotive. So werden wir frühzeitig in
der altegyptischen Kunst Verbindungen von Blüthen und Blättern
mittels der Stiele beobachten können, wie sie in der Natur an den
betreffenden Pflanzen keineswegs vorkommen, und nur als eine Ver-
quickung geometrischer Kunstformen mit vegetabilisch-gegenständlichen
aufgefasst werden können.

Unsere Aufgabe wird es also sein innerhalb eines jeden Stiles den
 
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