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Die Arabeske.

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der nachfolgenden Untersuchung bilden. Nur auf einen Umstand soll
noch gleich hier ausdrücklich hingewiesen werden, da derselbe in be-
sonderem Maasse geeignet erscheint, das eben skizzirte Verhältniss
zwischen den antiken zwickelfüllenden Palmetten und den Blunien-
motiven der Arabeske verständlich zu machen: die der Natur zuwider-
laufende unfreie Behandlung der Blüthen findet sich in der Arabeske
in der Regel wohl an den Halbpalmetten und Gabelranken, verhältniss-
mässig selten dagegen und erst in einem vorgeschritteneren Stadium
der Entwicklung an den vollen Palmetten.

Die Arabeske treffen wir an in sämmtlichen Ländern, die sich
der Islam im Laufe der Jahrhunderte unterworfen hat. Hauptsächlich
kommen hier in Betracht: Nordafrika mit Unteregypten, Syrien, Klein-
asien, Mesopotamien und Persien, also im Allgemeinen jene Länder,
die einstmals zum grossen römischen Universalreiche gehört hatten,
und wie die Denkmäler ausnahmslos beweisen, sich durchweg die
Formensprache der hellenistisch - römischen Universalkunst angeeignet
hatten. In dieser Kunst spielte, wie wir gesehen haben, für die deko-
rativen Aufgaben das Pflanzenrankenomament die weitaus wichtigste
und tonangebende Polle. Sehen wir nun im Mittelalter in den gleichen
geographischen Gebieten abermals ein Pflanzenrankenomament, wenn
auch anscheinend von verschiedener Beschaffenheit, als maassgebendstes
Dekorationselement verwendet, so erscheint — wie schon auf S. 259 be-
tont wurde — der Gedanke an eine genetische Abhängigkeit des zweiten
von dem ersteren unabweislich. Es möchte doch mindestens der Mühe
verlohnen, dem wechselseitigen Verhältnisse etwas nachzugehen: — um
so unbegreiflicher und wohl wieder nur aus der unglückseligen kunst-
materialistischen Bewegung mit allen ihren Konsequenzen zu erklären
bleibt der Umstand, dass man selbst von vielerfahrenen Kunstkennern
der heutigen Tage noch kurz aburtheilen hört: zwischen klassischer
Antike und orientalischer Arabeske gäbe es keinen Zusammenhang,
weil es — nun weil es eben zwischen Feuer und Wasser keinen solchen
geben könne.

Die bisher verschmähte Untersuchung des Verhältnisses zwischen
dein antiken und dem saracenischen Rankenornament wollen nun wir
im Nachfolgenden anstellen. Was wir unter Arabeske verstehen, was
den hervo'rstechendsten Charakterzug dieses für die saracenische Kunst
typischen Ornaments bildet, haben wir soeben einleitungsweise ausein-
 
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