Einleitung.
Nicht bloss auf den Amateur und Sammler, auch auf den Forscher übt der orientalische Teppich
einen unwiderstehlichen Reiz aus. Wer sich ihm einmal gefangen gegeben, wird — wenn selbst wider-
strebend — immer wieder davon angezogen. Und dies trotz, oder vielleicht gerade wegen der Sprödigkeit,
die er der endgiltigen Erkundung seines Wesens und seiner historischen Entwicklung entgegensetzt. Man
nenne ein anderes kunstgewerbliches Gebiet, dessen sachgemässe Beurtheilung die Beherrschung einer gleich
grossen Zahl der verschiedensten Kenntnisse voraussetzt! Niemand vermag sich heute zu berühmen, alle
diese Kenntnisse in sich zu vereinigen; und doch sind Orientalisten, Techniker, Kunsthistoriker — Jeder
vom Standpunkte seines Sonderberufs — seit mehreren Jahrzehnten unablässig bemüht, das hartnäckig be-
hauptete Dunkel aufzuhellen. Ihrem wenn auch nicht immer einträchtigen Zusammenwirken verdanken wir
in der That heute bereits eine ganz achtenswerthe Summe von Aufklärungen über das Wesen und die
historische Entwicklung des orientalischen Teppichs.
Wenn der Stand dieser Aufklärungen noch immer zu wünschen übrig lässt, — wenn namentlich
über die für die Entwicklung so entscheidenden älteren Stadien desselben bisher nicht viel mehr als
schwankende Vermuthungen geäussert werden konnten, so ist die Schuld hieran wesentlich dem Mangel an
solchen Denkmälern beizumessen, die mit voller Sicherheit in das Mittelalter zurückdatirt werden könnten.
Es wurde zwar schon wiederholt versucht, den einen oder anderen Teppich auf Grund einzelner Merkmale
dem 13. oder 14. Jahrhundert unserer Zeitrechnung zuzuweisen; aber solche Aufstellungen vermögen sich
über den Bang mehr oder minder begründeter Vermuthungen insolange nicht zu erheben, als nicht durch
ein datirtes Beispiel in völlig unanfechtbarer Weise dargethau ist, wie denn die orientalischen Teppiche
im Mittelalter ausgesehen haben.
Dies ist die eine Lücke, die bisher in unserer Kenntniss von den orientalischen Teppichen zu beklagen
war. Dazu gesellt sich noch eine zweite, kaum minder lästig empfundene. Man hat nämlich längst aus
triftigen Gründen vermuthet, dass die persischen Teppiche der Sassanidenzeit für alle im Mittelalter und
der Neueren Zeit darauf gefolgte orientalische Teppichknüpferei von ganz entscheidender Bedeutung gewesen
sein müssen. Wie haben aber diese Sassanidenteppiche ausgesehen? Dies ist die zweite grundwichtige
Frage, auf welche der bisher bekannt gewordene Denkmälervorrath keine Antwort zu geben vermocht hat.
Heute ist es mir vergönnt, in dieser Publikation Abbildungen von Denkmälern vorzulegen, die nach
beiden Seiten hin Aufklärung schaffen.
An der Spitze des Ganzen finden die Leser einen Teppich farbig reproducirt, der in armenischer
Sprache und Schrift die Jahreszahl 651 der armenischen Aera, d. i. das Jahr 1202/3 unserer Zeitrechnung
eingeknüpft trägt. Der Teppich ist erst vor Kurzem aus dem Inneren Armeniens in den Besitz des hochw.
Nicht bloss auf den Amateur und Sammler, auch auf den Forscher übt der orientalische Teppich
einen unwiderstehlichen Reiz aus. Wer sich ihm einmal gefangen gegeben, wird — wenn selbst wider-
strebend — immer wieder davon angezogen. Und dies trotz, oder vielleicht gerade wegen der Sprödigkeit,
die er der endgiltigen Erkundung seines Wesens und seiner historischen Entwicklung entgegensetzt. Man
nenne ein anderes kunstgewerbliches Gebiet, dessen sachgemässe Beurtheilung die Beherrschung einer gleich
grossen Zahl der verschiedensten Kenntnisse voraussetzt! Niemand vermag sich heute zu berühmen, alle
diese Kenntnisse in sich zu vereinigen; und doch sind Orientalisten, Techniker, Kunsthistoriker — Jeder
vom Standpunkte seines Sonderberufs — seit mehreren Jahrzehnten unablässig bemüht, das hartnäckig be-
hauptete Dunkel aufzuhellen. Ihrem wenn auch nicht immer einträchtigen Zusammenwirken verdanken wir
in der That heute bereits eine ganz achtenswerthe Summe von Aufklärungen über das Wesen und die
historische Entwicklung des orientalischen Teppichs.
Wenn der Stand dieser Aufklärungen noch immer zu wünschen übrig lässt, — wenn namentlich
über die für die Entwicklung so entscheidenden älteren Stadien desselben bisher nicht viel mehr als
schwankende Vermuthungen geäussert werden konnten, so ist die Schuld hieran wesentlich dem Mangel an
solchen Denkmälern beizumessen, die mit voller Sicherheit in das Mittelalter zurückdatirt werden könnten.
Es wurde zwar schon wiederholt versucht, den einen oder anderen Teppich auf Grund einzelner Merkmale
dem 13. oder 14. Jahrhundert unserer Zeitrechnung zuzuweisen; aber solche Aufstellungen vermögen sich
über den Bang mehr oder minder begründeter Vermuthungen insolange nicht zu erheben, als nicht durch
ein datirtes Beispiel in völlig unanfechtbarer Weise dargethau ist, wie denn die orientalischen Teppiche
im Mittelalter ausgesehen haben.
Dies ist die eine Lücke, die bisher in unserer Kenntniss von den orientalischen Teppichen zu beklagen
war. Dazu gesellt sich noch eine zweite, kaum minder lästig empfundene. Man hat nämlich längst aus
triftigen Gründen vermuthet, dass die persischen Teppiche der Sassanidenzeit für alle im Mittelalter und
der Neueren Zeit darauf gefolgte orientalische Teppichknüpferei von ganz entscheidender Bedeutung gewesen
sein müssen. Wie haben aber diese Sassanidenteppiche ausgesehen? Dies ist die zweite grundwichtige
Frage, auf welche der bisher bekannt gewordene Denkmälervorrath keine Antwort zu geben vermocht hat.
Heute ist es mir vergönnt, in dieser Publikation Abbildungen von Denkmälern vorzulegen, die nach
beiden Seiten hin Aufklärung schaffen.
An der Spitze des Ganzen finden die Leser einen Teppich farbig reproducirt, der in armenischer
Sprache und Schrift die Jahreszahl 651 der armenischen Aera, d. i. das Jahr 1202/3 unserer Zeitrechnung
eingeknüpft trägt. Der Teppich ist erst vor Kurzem aus dem Inneren Armeniens in den Besitz des hochw.