in.
Unsere zweite Farbentafel gibt einen im Besitze des
Herrn Dr. Albert Figdor in Wien befindlichen Teppich
wieder, welcher bei M. 1.83 in der Länge und M. 1,41 in
der Breite in Wolle über baumwollene Kette und mit
ebensolchem Schuss geknüpft ist und dazwischen zahlreiche
in Gold- und Silberfäden eingewirkte Felder aufweist. Diese
Verwendung von Edelmetall, sowie die überaus dichte und
feine Knüpfung verrathen allein schon den Luxusteppich
kostbarster Sorte.
Allerdings hat das Original ziemlich harte Schicksale
erlitten, wie dies auch in unserer farbigen Reproduction
mehrfach deutlich gemacht erscheint. Nichtsdestoweniger
ist die Leuchtkraft der besser erhaltenen Stellen noch heute
eine unverminderte. Nur die mit Gold- und Silberfäden
gewirkten Stellen haben vom Edelmetallglanz fast Alles
eingebüsst. Gewirkte Stellen bieten naturgemäss dem Ab-
reiben eine weit günstigere Angriffsfläche dar als die gleich-
mässigen geknüpften Parthien. In unserem Falle war aber
diese Gefahr in noch erhöhtem Maasse gesehen durch den
Umstand, dass die Gold- und Silberfäden nicht, wie es an
den bekannten persischen Luxusteppichen mit Thierfiguren
sonst ausnahmslos der Fall ist, nach Art der Ripsbindung
eingewirkt wurden, sondern stets mehrere Kettfäden über-
springen, wie dies bisher sonst nur an den sogen. Polen-
teppichen beobachtet worden ist. Es obwaltet also bei
dieser Art des Einwebens der Goldfäden eine gewisse Ver-
wandtschaft mit der Atlasbindung, und auch der offenbar
beabsichtigte Effekt ist hier der gleiche wie beim Atlas:
den Faden durch möglichst langes ungebrochenes Hinlegen
über die Fläche zu möglichst glänzender Erscheinung zu
bringen. Dass das Freilegen des Fadens aber nur auf
Kosten seiner Haltbarkeit geschehen kann, liegt auf der
Hand.
In technischer Beziehung erscheint also unser Teppich
insofern als Unicum, als er die Technik der „ Polenteppiche ~,
die in der Regel in Seide geknüpft sind und niemals Thier-
figuren enthalten, auf einen in Wolle geknüpften „Thier-
teppich * angewendet zeigt.
Nicht minder Eigenthümlichcs verräth das Muster.
Das Innenfeld enthält nämlich keine Betonung der Mitte,
sondern zerfällt in sechs annähernd quadratische Felder,
die mit geradlinig verlaufenden oder rechtwinklig geknick-
ten, auch von polygonalen Zierschildern unterbrochenen
Schmalstreifen eingefasst erscheinen. Diese Schmalstreifen,
sowie die Zierschilder sind mit dicht verstreuten blauen
Wellenlinien gemustert, zwischen denen sich Fische tum-
meln, gelegentlich zusammengestellt mit Vögeln, welche auf
die Fische Jagd machen. Es kann kein Zweifel existiren
über die Bedeutung der erwähnten Schmalstreifen: es sind
damit Wasserläufe gemeint, stellenweise unterbrochen von
Bassins, und durchschwömmen von Fischen, denen Vögel
(vielleicht Enten, wie wenigstens das schwimmende Paar
in der Mitte unten verräth) nachstellen.
Es wohnt also diesem Theile der Innenfeld-Dekoration
eine entschiedene gegenständliche Bedeutung inne: ein Vor-
gang aus der Natur erscheint hier im Bilde mit unver-
kennbarer Treue wiedergegeben. Aber das dekorative Be-
dürfniss ist darüber nicht vergessen: namentlich die Com-
binirung von Fisch und Vogel, aber auch die Bewegungen
der Fische im Einzelnen beweisen zur Evidenz, dass dem
Künstler die bewusste Absicht vorgeschwebt hat, auch bei
der Wiedergabe animalischer Wesen schön geschwungene
Linien und gefällige Configurationen zu erzielen.
Dagegen begegnet uns in den sechs Theilquadraten
des Innenfeldes keinerlei Erscheinung, die uns bisher un-
bekannt geblieben wäre. Polygone Zierschilder, theils ganze
in der Mitte, theils halbe an den Seiten zur Markirung
des unendlichen Rapports, geben den Ton an : ihre Füllung
besteht aus Palmetten, Ranken, Blumen und blüthentragen-
den Bäumen, in zwei Fällen belebt von Vierfüsslern. Den
Grund rings herum bedecken ähnliche Pfianzengebilde, in
denen sich zahlreiche reichgefiederte Vögel tummeln. Alles
das kennen wir zur Genüge von zahlreichen Teppichen der
Sefidenzeit: es gehört zu dem wohlbekannten Dekorations-
apparat der neueren persischen Kunst, insbesondere soweit
sie durch Teppiche vertreten ist. An und für sich wäre
also keine Veranlassung geboten, uns bei diesem Theile
des Innenfeldes länger aufzuhalten: und das Gleiche gilt
nur in verstärktem Maasse von der einfachen, im Wellen-
schema dahinlaufenden Blumenranke der Bordüre. Aber
die unabweisbare gegenständliche Bedeutung der Schmal-
streifen zwingt uns doch gebieterisch, die Frage aufzu-
werfen, ob eine solche Bedeutung nicht auch dem Inhalte
der sechs Theilquadrate innewohnt?
Die Antwort wird uns erleichtert durch die Betrach-
tung eines anderen, im Besitze von Mr. Sidney Colvin
in London befindlichen Teppichs, den W. M. Oonway im
Art Journal 1891 S. 371 ff. besprochen und zur Abbil-
dung gebracht hat. Diese letztere geben wir in Fig. 11
reproducirt.
Unsere zweite Farbentafel gibt einen im Besitze des
Herrn Dr. Albert Figdor in Wien befindlichen Teppich
wieder, welcher bei M. 1.83 in der Länge und M. 1,41 in
der Breite in Wolle über baumwollene Kette und mit
ebensolchem Schuss geknüpft ist und dazwischen zahlreiche
in Gold- und Silberfäden eingewirkte Felder aufweist. Diese
Verwendung von Edelmetall, sowie die überaus dichte und
feine Knüpfung verrathen allein schon den Luxusteppich
kostbarster Sorte.
Allerdings hat das Original ziemlich harte Schicksale
erlitten, wie dies auch in unserer farbigen Reproduction
mehrfach deutlich gemacht erscheint. Nichtsdestoweniger
ist die Leuchtkraft der besser erhaltenen Stellen noch heute
eine unverminderte. Nur die mit Gold- und Silberfäden
gewirkten Stellen haben vom Edelmetallglanz fast Alles
eingebüsst. Gewirkte Stellen bieten naturgemäss dem Ab-
reiben eine weit günstigere Angriffsfläche dar als die gleich-
mässigen geknüpften Parthien. In unserem Falle war aber
diese Gefahr in noch erhöhtem Maasse gesehen durch den
Umstand, dass die Gold- und Silberfäden nicht, wie es an
den bekannten persischen Luxusteppichen mit Thierfiguren
sonst ausnahmslos der Fall ist, nach Art der Ripsbindung
eingewirkt wurden, sondern stets mehrere Kettfäden über-
springen, wie dies bisher sonst nur an den sogen. Polen-
teppichen beobachtet worden ist. Es obwaltet also bei
dieser Art des Einwebens der Goldfäden eine gewisse Ver-
wandtschaft mit der Atlasbindung, und auch der offenbar
beabsichtigte Effekt ist hier der gleiche wie beim Atlas:
den Faden durch möglichst langes ungebrochenes Hinlegen
über die Fläche zu möglichst glänzender Erscheinung zu
bringen. Dass das Freilegen des Fadens aber nur auf
Kosten seiner Haltbarkeit geschehen kann, liegt auf der
Hand.
In technischer Beziehung erscheint also unser Teppich
insofern als Unicum, als er die Technik der „ Polenteppiche ~,
die in der Regel in Seide geknüpft sind und niemals Thier-
figuren enthalten, auf einen in Wolle geknüpften „Thier-
teppich * angewendet zeigt.
Nicht minder Eigenthümlichcs verräth das Muster.
Das Innenfeld enthält nämlich keine Betonung der Mitte,
sondern zerfällt in sechs annähernd quadratische Felder,
die mit geradlinig verlaufenden oder rechtwinklig geknick-
ten, auch von polygonalen Zierschildern unterbrochenen
Schmalstreifen eingefasst erscheinen. Diese Schmalstreifen,
sowie die Zierschilder sind mit dicht verstreuten blauen
Wellenlinien gemustert, zwischen denen sich Fische tum-
meln, gelegentlich zusammengestellt mit Vögeln, welche auf
die Fische Jagd machen. Es kann kein Zweifel existiren
über die Bedeutung der erwähnten Schmalstreifen: es sind
damit Wasserläufe gemeint, stellenweise unterbrochen von
Bassins, und durchschwömmen von Fischen, denen Vögel
(vielleicht Enten, wie wenigstens das schwimmende Paar
in der Mitte unten verräth) nachstellen.
Es wohnt also diesem Theile der Innenfeld-Dekoration
eine entschiedene gegenständliche Bedeutung inne: ein Vor-
gang aus der Natur erscheint hier im Bilde mit unver-
kennbarer Treue wiedergegeben. Aber das dekorative Be-
dürfniss ist darüber nicht vergessen: namentlich die Com-
binirung von Fisch und Vogel, aber auch die Bewegungen
der Fische im Einzelnen beweisen zur Evidenz, dass dem
Künstler die bewusste Absicht vorgeschwebt hat, auch bei
der Wiedergabe animalischer Wesen schön geschwungene
Linien und gefällige Configurationen zu erzielen.
Dagegen begegnet uns in den sechs Theilquadraten
des Innenfeldes keinerlei Erscheinung, die uns bisher un-
bekannt geblieben wäre. Polygone Zierschilder, theils ganze
in der Mitte, theils halbe an den Seiten zur Markirung
des unendlichen Rapports, geben den Ton an : ihre Füllung
besteht aus Palmetten, Ranken, Blumen und blüthentragen-
den Bäumen, in zwei Fällen belebt von Vierfüsslern. Den
Grund rings herum bedecken ähnliche Pfianzengebilde, in
denen sich zahlreiche reichgefiederte Vögel tummeln. Alles
das kennen wir zur Genüge von zahlreichen Teppichen der
Sefidenzeit: es gehört zu dem wohlbekannten Dekorations-
apparat der neueren persischen Kunst, insbesondere soweit
sie durch Teppiche vertreten ist. An und für sich wäre
also keine Veranlassung geboten, uns bei diesem Theile
des Innenfeldes länger aufzuhalten: und das Gleiche gilt
nur in verstärktem Maasse von der einfachen, im Wellen-
schema dahinlaufenden Blumenranke der Bordüre. Aber
die unabweisbare gegenständliche Bedeutung der Schmal-
streifen zwingt uns doch gebieterisch, die Frage aufzu-
werfen, ob eine solche Bedeutung nicht auch dem Inhalte
der sechs Theilquadrate innewohnt?
Die Antwort wird uns erleichtert durch die Betrach-
tung eines anderen, im Besitze von Mr. Sidney Colvin
in London befindlichen Teppichs, den W. M. Oonway im
Art Journal 1891 S. 371 ff. besprochen und zur Abbil-
dung gebracht hat. Diese letztere geben wir in Fig. 11
reproducirt.