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Riehl, Berthold
Von Dürer zur Rubens: eine geschichtliche Studie über die deutsche und niederländische Malerei des 16. Jahrhunderts — München, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.36584#0068
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altem Brauch aber in vollkommen neuer Weise, wie in den grossen Bildern, die sich jetzt
in Wien befinden, aber er malt auch Genre und Landschaft rein um ihrer selbst willen und
zwar, indem er sich einen eigenartigen Stil für diese bildet, der, wenn auch zuweilen wohl
ein wenig ungeschlachtet, im Ganzen doch prächtig der Gattung gerecht wird, wohl weil
eben die Freude an der Natur und am Volksleben ihn zu dieser Kunst führten, seine
Hauptlehrer in derselben waren.
Jan Brueghel ging schon früh nach Italien, wo er in Mailand an den Hof des
Federigo Borromeo kam, der auch weiterhin Beziehungen zu ihm unterhielt, er wird als
eleganter Mann geschildert, der viel auf sein Aeusseres hielt, wie ihm denn auch seine
elegante Tracht zu dem Namen Sammetbrueghel verhalf.
Jan Brueghel's feine, sorgfältige oft kleinliche Kunst erscheint auf den ersten Blick
grundverschieden von des alten Pieter kräftiger humorvoller Art. Es besteht aber doch ein
inniger Zusammenhang zwischen beiden. Zunächst fällt auf, dass sich Pieter in einem
hübschen Spätwerke nämlich in dem Bauernfest von 1568 (Darmstadt) mehr der Auffassung
nähert, die später sein Sohn zeigt, dann erinnern in dessen Bildern manche Einzelzüge an
Werke des Vaters, vor allem aber wird Jan's ganzer Vorstellungskreis und die Eigenart
seiner Auffassung wesentlich durch Pieter's Kunst bestimmt. Durch die verschiedenen Persön-
lichkeiten und wegen des Unterschiedes der beiden Generationen wird man diesen Zusammen-
hang leicht übersehen, der aber gerade dadurch besonderes Interesse gewinnt.
Die Kunst Italiens berührt Jan gleich seinem Vater nur sehr leise, obgleich er lange
und in sehr aufnahmfähigem Alter in Italien war. In seinen Geschichtsbildern hält Jan
ganz entgegengesetzt dem von den Italienern beeinflussten grossen Stil an der reichen, genre-
artigen Erzählung seines Vaters fest, erinnert durch seine feine Art sogar oft weit mehr
als dieser an die ältere niederländische Malerei.
Jan Brueghel bildet sich schon früh seinen eigenen, sehr charakteristischen Stil und
trotz der grossen Wandlungen, die namentlich durch den nur neun Jahre jüngeren Rubens,
mit dem er ja wiederholt zusammen arbeitete, neben ihm vorgingen, hält er unbeirrt an
seiner Art fest, bleibt er sich selbst treu, denn eine leise Neigung zu etwas grösserem Zug,
die entschieden auf Rubens'sche Einflüsse deutet, erscheint nur sehr, nebensächlich.
Jan Brueghel's Kunst wirkt dadurch bei grösseren Sammlungen seiner Werke leicht
etwas monoton, obgleich er in den Gegenständen so mannigfaltig ist wie nur ganz wenige
Künstler. Dieser Reichthum der Gegenstände erinnert einerseits an seinen Vater, weist
andererseits auf Rubens, der ihn hierin später wohl zuweilen etwas beeinflusste, der Gegen-
satz zwischen diesen beiden zeigt auch zugleich die charakteristische Zwischenstellung Jan's.
Pieter Brueghel beginnt in Folge seiner originellen Art die Gattungen zu sondern,
Sittenbilder und Landschaften zu malen, dass er die verschiedenen Gattungen neben einander
beherrscht, erklärt sich daraus, dass er von einer Kunst ausgeht und diese auch noch in
seinen Historienbildern festhält, die Historie, Landschaft und Genre naiv verbindet, von
denen das letztere als der Eigenart des Meisters am besten liegend zuletzt doch den Charakter
des Ganzen bestimmt. Rubens dagegen umfasst die in ihren künstlerischen Unterschieden
vollkommen ausgeprägten Gattungen als ein darin ganz einzig universeller Meister; er
umfasst alle Gattungen, obgleich sie geschieden, während Pieter sie umfasst, weil sie noch
nicht geschieden.
 
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