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Jan steht in der Hauptsache noch auf demselben Boden wie sein Vater, gleich, jenem
vereinigt er, was sich übrigens noch lange erhielt, zuweilen die Gattungen, diese werden
bei ihm aber zahlreicher und beginnen sich trotz seiner so einheitlichen, ja oft etwas
monotonen Weise entschieden überlegter zu sondern. In der späteren Zeit wird man hiefür
zuweilen an einen Einfluss des Rubens denken können, dass dieser aber nur nebensächlich
zeigt schon, dass sich diese Dinge bei Jan bereits zu Ende des 16. Jahrhunderts deutlich
beobachten lassen.
Die Münchener Pinakothek besitzt zwei hiefür charakteristische Bilder Jan's von 1598.
Das eine derselben die Predigt Johannes des Täufers vor zahlreichem Volke (Nr. 680) ist
die freie Wiederholung eines Bildes seines Vaters, von dem sich mehrfache Repliken erhalten
haben, das zweite stellt die Kreuzigung dar. Das erste, das eigentlich nur Pieter's kräftige
Art in die feine Weise Jan's übersetzt, weist auf die wesentlichen Anregungen der Kunst
des Vaters auf den Sohn, das zweite lässt einen nicht unerheblichen Gegensatz zwischen
beiden erkennen.
Bei der Predigt Johannes sehen wir, wie der Sohn durch den Vater dazu kommt,
biblische und verwandte Vorwürfe genreartig zu gestalten, in der in dem gleichen Jahre
gemalten Kreuzigung dagegen, wie Jan trotz des Interesses für die erregte Volksmenge
unter dem Einfluss der Historienmaler seiner Zeit nach einer dem Stoff entsprechenden
Auffassung strebt.
Bei Gegenständen, denen genreartige Auffassung entspricht, ergeht sich Jan in ihr
mit besonderer Freude, wie bei der wahrscheinlich auch 1598 gemalten Predigt Christi vom
Schiffe aus (Pinakothek Nr. 682). Das bunte Leben der Hafenstadt mit dem reichen Fisch-
markt im Vordergrund, mit zahlreichen gut beachteten Genrefiguren will Jan hier malen,
durchaus nicht den Eindruck der Worte Christi auf das Volk, denn dieses kümmert sich
grösstentheils gar nicht um die Predigt, Christus wird auch in keiner Weise künstlerisch
hervorgehoben, seine Predigt bildet nur eine kleine untergeordnete Episode in dem Bilde.
Während man bis auf Pieter Brueghel den Alten nur Genrebilder malten konnte,
indem man die üblichen Historien genreartig gestaltete, so hat er das Sittenbild frei als
selbständige Gattung daneben gesetzt, desshalb malt auch Jan, wenn er Sittenbildliches
bringen will, in der Regel einfache Genrebilder oder reich mit Genrehguren staffierte Land-
schaften, nur zuweilen flicht er wie bei dieser Predigt Christi oder bei der heiligen Familie
auf der Flucht nach Egypten (Pinakothek Nr. 686) eine biblische oder legendarische Scene
ein, die dem Bild den Namen giebt und interessant ist, als die letzte Stufe in der Entwick-
lung der Gattungen innerhalb des Historienbildes, denn ohne das Bild irgend zu alterieren
kann man die paar Figuren herausnehmen oder ändern.
Bei historischen Stoffen, die eine andere Auffassung fordern, wird das Genreartige jetzt
zurückgedrängt, richtig untergeordnet oder ganz beseitigt. Die erwähnte Kreuzigung von
1598 und in anderer Weise das Bild wie Scipio dem Fürsten der Celtiberer Allucius seine
Braut und die Freiheit zurückgiebt (von 1609 Pinakothek Nr. 689) sind Beispiele, wie Jan
Brueghel diesen Anforderungen gerecht zu werden versucht.
Wie bei Jan Brueghel selbstverständlich sind beides Bilder mit zahllosen Figürchen,
mit einer Landschaft, die bis in die duftig blaue Ferne sorgfältig detailliert ist. Christus
und der Schächer, dessen Kreuz eben erhöht wird, treten jedoch durch Komposition und
Abh. d. III. CI. d. k. Ak. d. Wiss. XXII. Bd. I. Abth. 26
 
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