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malerischen Beobachter zeigen und nicht selten auch itn Stilleben ist er ein eigenartiger
und ansprechender Künstler und jedenfalls, wesshalb wir ihn hier eingehender betrachteten,
eine für jene Zeit höchst charakteristische Erscheinung.
Neun Jahre älter als Rubens bildet er sich in Folge seiner Schule und der künstle-
rischen Tradition der Familie eine Kunstweise aus, die charakteristisch für die Antwerpen'sche
Malerei zu Ende des 16. Jahrhunderts. Trotz seines italienischen Aufenthaltes ist er ein
durchweg niederländischer Künstler, er gehört zu denen, die beweisen, dass im 16. Jahr-
hundert sich doch auch niederländische Eigenart behauptete, entfaltete und von hier auf das
17. Jahrhundert wirkte. Jan Brueghel's reiche Kunst beweist, wie ausserordentlich sich die
Gedankenwelt der niederländischen Maler des 16. Jahrhunderts erweiterte, aber sie zeigt
auch, dass diese Thatsache erst damit ihre volle Bedeutung gewinnen konnte, dass jede
Gattung sich ihrem eigensten Wesen gemäss selbständig entfaltete, wir beobachteten dies
hier zunächst im Genre, das sich mit den Brueghel's besonders durch den alten Pieter als
selbständige Gattung ausbitdete, dessen höchste Blüthe in den südlichen Niederlanden dann
Jan Brueghel's Freund Rubens und Brueghel's Schwiegersohn David Teniers der Jüngere
bezeichnen.
8. Die Landschaft bei den Niederländern des 16. Jahrhunderts.
Die nordische Malerei zeigt bekanntlich schon im 15. Jahrhundert ausgesprochenen
Sinn für die Landschaft, ja er ist, obgleich er sich in seinen Anfängen in Malerei und
Plastik bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, sogar ein Hauptmerkmal des grossen,
künstlerischen Umschwunges, der sich am Ausgang des Mittelalters vorbereitet. Am frühesten
fein ausgebildet zeigen den Sinn für die Landschaft die Niederländer, schon weil sie, zumal
in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts überhaupt an der Spitze der Malerei des Nordens
stehen, dagegen werden wir die früher allgemein herrschende Ansicht wohl nicht mehr ver-
treten können, dass die Niederländer die Landschaft gleichsam entdeckt und den nordischen
Schulen erst die Augen für dieselbe geöffnet hätten.i) In Schulen, mit denen sie wie
mit Köln in naher Fühlung standen, mag das der Fall gewesen sein, zumal für feinere
Beobachtung des Malerischen, wofür sie so hervorragend begabt waren, aber der Sinn
für die Landschaft an sich kommt in den verschiedenen, nordischen Schulen selbständig
zum Durchbruch unlösbar verbunden mit jener neuen, wie wir sie zu nennen phegen,
naturalistischen Richtung, die das Resultat der Entwicklung der gesammten mittelalterlichen
Kunst ist.
Der Sinn für die Landschaft entwickelt sich also, wenn auch einzelne Berührungen
keineswegs ausgeschlossen sind, in den einzelnen Schulen selbständig und dadurch wird auch
der Charakter ihrer Landschaften ziemlich verschieden, wie ein vergleichender Blick etwa

6 Meine Ansicht über das Verhältniss der bayerischen und der tirolischen Malerschulen zu den
Niederländern habe ich näher ausgeführt und begründet in den Studien zur Geschichte der bayerischen
Malerei im 15. Jahrh. München 1895. 49. Band des oberbayerischen Archives und in der Kunst an der
Brennerstrasse. Leipzig 1898. Vergleiche hierüber auch Schmarsow in den Berichten der kgl. sächsischen
Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig 1899.
 
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