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Vor allem durch die Werke fürs Haus wurde Dürer's Kunst ein Hauptfaktor im
Bildungslehen dieses Hauses und zwar keineswegs nur für das 16. Jahrhundert sondern wohl
nicht minder für das neunzehnte, das Dürer's reiches Werk eingehender studierte, tiefer
erfasste, als die meisten seiner Zeitgenossen und nächsten Nachfolger. Seine Wirkung blieb
auch nicht auf Deutschland beschränkt, sondern griff weit über dessen Grenzen, vor allen
zu den uns stammverwandten Holländern, zwischen denen und Dürer's Kunst sich manche
wichtige Fäden finden; die Holländer aber bildeten im 17. Jahrhundert die Kunst fürs Haus
bedeutsam weiter und übten gleich Dürer einen massgebenden Einfluss auf die Kunst des
19. Jahrhunderts.
2. Hans Holbein der Jüngere.
Etwa sechs und zwanzig Jahre jünger als Dürer gehört Hans Holbein der Jüngere
einer anderen Generation an;* *) ist es Dürer's eigenste That sich vom mittelalterlichen Meister
zum Künstler der Renaissance emporgerungen zu haben, so ist dagegen, als Holbein auftrat,
die Renaissance eine vollendete Thatsache. Dürer's Lehrer und die ganze Nürnberger Kunst
vor ihm zeigen rein mittelalterlichen Charakter, dagegen hatte schon Holbein's Vater die
Schwenkung zum Renaissance-Künstler gewonnen, neben ihm war in Augsburg Hans Burgk-
maier thätig, bei dem wir bereits 1501 die Kenntniss Italiens und seiner Kunst beobachten.
Augsburg besass wie die meisten Städte südlich der Donau schon während des Mittel-
alters lebhafte Beziehungen zu Italien und zwar waren sie hier in Folge des Handels be-
sonders rege; durch sie fand natürlich auch die Renaissance rascher und vielfach in anderer
Art Eingang wie in Nürnberg. Schon die Kreuzkirche aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts,
die in der zweiten Hälfte desselben der Innsbrucker Hofkirche mit als Vorbild diente,
leitet in die Renaissance über, die Fuggerkapelle,von 1509 bis 1512 erbaut, zeigt bereits
eine selten konsequente Aufnahme und ein überraschendes Verständniss italienischer Formen.
Aehnliches beobachten wir auch in der Plastik. Das Silberaltärchen, das 1492 in
Augsburg der Goldschmied Seid für Eichstätt ausführte,*) ist eines der frühesten Denkmale
deutscher Kunst mit ausgesprochenem Renaissance-Charakter und unter den für die Geschichte
der Augsburger Plastik so hochbedeutenden Grabsteinen des Domkreuzganges D kann man
dies bereits von einem Epitaph von 1503 sagen,^) ja durch die malerische Stilisierung ist
man hiezu schon bei dem Epitaph mit Anna selbdritt auf dem für die 1498 gestorbene
Anna Klieber errichteten Epitaph berechtigt?) und bei dem Doppelepitaph der Zierenberger-
Meler um 1508 ist der Charakter deutscher Frührenaissance vollkommen entwickelt.s)

*) Die nahe liegende Parallele Dürer-Holbein ist schon wiederholt gestreift worden mit recht
feinen Beobachtungen in A. Woltmann's verdienstvollem Buch: „Holbein und seine Zeit." 2. And. Leipzig
1874. S. 482.
2) Berthold Riehl: Die Kunst an der Brennerstrasse. Leipzig 1898. 8. 61.
3) Robert Vischer: Studien zur Kunstgeschichte. Stuttgart 1886. S. 584.
*) Kunstdenkmale des Königreiches Bayern. I. Band, Oberbayern von v. Bezold und B. Riehl.
S. 1097 u. Tafel 189.
3) Verdienstvolle, sehr sorgfältige Veröffentlichung dieser Grabsteine durch Dr. A. Schröder im
Jahrbuch des historischen Vereins Dillingen. 1897.
0 Ebenda S. 15. ?) Ebenda Nr. 32 mit Abbildung.
3) Ebenda Nr. 84. 85 mit Abbildung.
 
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