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5. Die Münchener Malerei der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Aehnlich der historischen Stellung der Kleinmeister ist die der Maler der anderen
alten Kunststädte, unter denen die freien Reichsstädte obenan standen, wie ein Blick auf
Augsburg und das südwestliche Deutschland lehrt, obgleich sich gar mannigfaltige, oft recht
interessante Schattierungen der Charaktere wie etwa in der Schweiz zeigen.*)
Es wird hier noch viel Erfreuliches selten dagegen Bedeutendes geschaffen; es fehlt
auch keineswegs am Einlenken in die neuen Strömungen, aber es fehlen bedeutende selbst-
ständige Künstler, es fehlt den alten Reichsstädten ein grösserer Zug im Kunstleben. Wenn
wir in Augsburg im späteren 16. und namentlich im Beginn des 17. Jahrhunderts eine
regere Kunst treffen, so ist das eine seltene Ausnahme, die zu einem guten Theil durch
die Fugger begründet wird, deren Kunstpflege jener eines reichen Fürstenhofes entspricht
und wofür es auch wesentlich war, dass Augsburg nicht nur freie Reichsstadt sondern
auch Bischofstadt war.
Gegenüber den freien Reichsstädten, die im späteren Mittelalter und im Beginn der
Renaissance an der Spitze des deutschen Kunstlebens standen, gewinnen jetzt und weiterhin
die bischöflichen Residenzen wie Bamberg oder Salzburg und die fürstlichen wie Landshut,
München oder Stuttgart, auch etwa Ansbach und Bayreuth wachsende kunstgeschichtliche
Bedeutung.
Man hat die deutsche Renaissance gerne eine bürgerliche genannt und in Hinblick
auf ihre erste Phase bis etwa zur Mitte des 16. Jahrhunderts ist damit in der That, wenn
man die Sache nicht zu sehr zuspitzt, ein charakteristischer Zug hervorgehoben. Die Re-
naissance in Nürnberg, Augsburg, Basel u. s. w. ist allerdings einer der glänzendsten Momente
in der Kultur- und Kunstgeschichte der deutschen Städte, aber sie steht nicht am Anfang
sondern am Ende von deren Blüthe und mit deretn für die Kunst so wesentlichem Rückgang
im Laufe des 16. Jahrhunderts^) mussten andere Mächte sich der Förderung der Kunst
annehmen und dies sind in Uebereinstimmung mit der politischen und Kulturgeschichte
Deutschlands die Fürstenhöfe und in den katholischen Ländern die Kirche.
Schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts beginnen sie, die im früheren Mittel-
alter bereits lange vor den Städten die Hauptförderer der Kunst gewesen, sich von Neuem
mächtiger zu regen und die leitenden Mächte werden sie wieder im 17. und 18. Jahrhundert.
Das Heidelberger Schloss und die Michaelskirche in München sind, um nur die bedeutendsten
Beispiele der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu streifen, hiefür charakteristische Zeugen
und allenthalben berichtet in den folgenden Jahrhunderten die Architekturgeschichte von
dieser Thatsache, was aber natürlich nicht ausschliesst, dass daneben noch manches treffliche
Werk bürgerlicher Kunst entstand.
Der Hof und die katholische Kirche, die damals künstlerischen Glanzes bedurften,
waren in jener Zeit in Deutschland auch fast allein in der Lage Aufgaben zu stellen, an
denen sich eine Kunst grösseren Stiles, auf die ja doch die ganze Entwicklung zunächst

1) Ueber diese siehe: B. Haendcke: Die schweizerische Malerei im 16. Jahrhundert diesseits der
Alpen. Aarau 1893.
2) Gr. v. Below: Das ältere deutsche Städtewesen u. Bürgerthum. Bielefeld u. Leipzig 1898.
 
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