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malerische Momente als Hauptsache deutlich heraus, Maria, die im Vordergründe ohnmächtig
zusammenbricht, ist eine wohlmotivierte Episode, geeignet das schmerzvolle Drama noch
packender zu schildern. Allerdings malt Jan Brueghel auch hier das Volk, das dicht
gedrängt die Kreuze umsteht, aber er giebt ihm nicht jenes selbständige Interesse, es dient
ihm nur zur Situationsschilderung. Er sucht ferner dadurch das Volk dem historischen
Ereigniss anzupassen und unterzuordnen, dass er nicht auffällig niederländische Bauern und
Bürger des 16. Jahrhunderts malt, sondern dass er, wenn auch hie und da Züge nieder-
ländischer Tracht und ähnliches unterlaufen, dieses Volk ganz anders wie auf seinen Genre-
bildern behandelt, durch dasselbe Zeit und Eigenart des grossen historischen Ereignisses
lebhaft schildern will.
Wie Brueghel hiedurch in die historische Malerei einlenkt, zeigt noch auffälliger das
Bild mit Scipio und Allucius von 1609; es besitzt durch den Versuch getreuer Wiedergabe
römischen Lebens einen für die zunehmende Gelehrsamkeit der Zeit charakteristischen aka-
demischen Zug, während die überreiche Landschaft des Hintergrundes noch stark mit der
älteren Kunst zusammenhängt, denn in ihr werden alle möglichen Erinnerungen an einen
belebten Hafen, an malerische Städtebilder und Burgen des 16. Jahrhunderts und ganz
Phantastisches unbekümmert ineinander geflochten.
Bei der Kreuzignng von 1598 sucht Jan auch durch die Stimmung Tiefe und Grösse
des Ereignisses herauszuheben. Schwere Wetterwolken, die rasch von links hereinziehen,
verdüstern die Sonne, die nur in der Tiefe des Bildes mit einem Strahl das Dunkel durch-
bricht und uns durch diesen Gegensatz gesteigert zum Bewusstsein bringt. Jan's Art ist
aber für mächtige Stimmungen viel zu kleinlich, die er manchmal wie beim Jonas (Schleiss-
heim Nr. 288) versucht, auch werden seine Stimmungsetfekte dadurch wirkungslos, dass sie
sich zwar an Naturbeobachtung anlehnen, die Natur aber zu wenig studieren und dieselben
Effekte oft wiederholen, was auch wesentlich zur erwähnten Monotonie BrueghePs beiträgt.
Jan Brueghel, der sich im Anschluss und Gegensatz zu seinem Vater in seinen feinen
Genre- und Landschaftsbildern eine eigenartige Spezialität schafft und darin mit der Zeit
ja an ihrer Spitze fortschreitet, umfasst andererseits nach alter Weise noch alle Gebiete der
Malerei, aber wir sehen gerade bei ihm, wie mit weiterer Entwicklung der Eigenart der
Gattungen die Dinge auseinandergehen.
Wie diese Entwicklung ferner verläuft, mag ein Blick auf Jan BrueghePs bedeutendsten
Nachfolger auf David Teniers andeuten, der trotz aller durch den Anschluss an seine
Vorgänger mitbedingten Vielseitigkeit seinen bedeutenden Namen doch ausschliesslich seinen
Sittenbildern dankt.
In der Kreuzigung Christi sahen wir bei Jan Brueghel ein Gefühl für das Historienbild
grossen Stiles, aber nicht dadurch, dass er zuerst ein solches ahnte, sondern weil sich das-
selbe inzwischen bedeutsam entwickelt hatte und daher auf die Gestaltung solcher Vorwürfe
selbst bei einem Maler wirkte, dessen Naturell sie eigentlich sehr fern lag.
Jan Brueghel geräth dadurch zuweilen in Widersprüche, dass er einerseits noch so
stark mit der alten in gewissem Sinne universellen Malerei zusammenhängt, andererseits
nicht minder an den neuen Strömungen theilnimmt. Ein Beispiel hiefür bietet die Waffen-
schmiede von 1617 mit Venus und Mars (Schleissheim Nr. 265). In einer stattlichen Ruine
steht zwischen Kanonen Mars, dem ein Arbeiter den Panzer anlegt, während A^enus ihm
malerische Momente als Hauptsache deutlich heraus, Maria, die im Vordergründe ohnmächtig
zusammenbricht, ist eine wohlmotivierte Episode, geeignet das schmerzvolle Drama noch
packender zu schildern. Allerdings malt Jan Brueghel auch hier das Volk, das dicht
gedrängt die Kreuze umsteht, aber er giebt ihm nicht jenes selbständige Interesse, es dient
ihm nur zur Situationsschilderung. Er sucht ferner dadurch das Volk dem historischen
Ereigniss anzupassen und unterzuordnen, dass er nicht auffällig niederländische Bauern und
Bürger des 16. Jahrhunderts malt, sondern dass er, wenn auch hie und da Züge nieder-
ländischer Tracht und ähnliches unterlaufen, dieses Volk ganz anders wie auf seinen Genre-
bildern behandelt, durch dasselbe Zeit und Eigenart des grossen historischen Ereignisses
lebhaft schildern will.
Wie Brueghel hiedurch in die historische Malerei einlenkt, zeigt noch auffälliger das
Bild mit Scipio und Allucius von 1609; es besitzt durch den Versuch getreuer Wiedergabe
römischen Lebens einen für die zunehmende Gelehrsamkeit der Zeit charakteristischen aka-
demischen Zug, während die überreiche Landschaft des Hintergrundes noch stark mit der
älteren Kunst zusammenhängt, denn in ihr werden alle möglichen Erinnerungen an einen
belebten Hafen, an malerische Städtebilder und Burgen des 16. Jahrhunderts und ganz
Phantastisches unbekümmert ineinander geflochten.
Bei der Kreuzignng von 1598 sucht Jan auch durch die Stimmung Tiefe und Grösse
des Ereignisses herauszuheben. Schwere Wetterwolken, die rasch von links hereinziehen,
verdüstern die Sonne, die nur in der Tiefe des Bildes mit einem Strahl das Dunkel durch-
bricht und uns durch diesen Gegensatz gesteigert zum Bewusstsein bringt. Jan's Art ist
aber für mächtige Stimmungen viel zu kleinlich, die er manchmal wie beim Jonas (Schleiss-
heim Nr. 288) versucht, auch werden seine Stimmungsetfekte dadurch wirkungslos, dass sie
sich zwar an Naturbeobachtung anlehnen, die Natur aber zu wenig studieren und dieselben
Effekte oft wiederholen, was auch wesentlich zur erwähnten Monotonie BrueghePs beiträgt.
Jan Brueghel, der sich im Anschluss und Gegensatz zu seinem Vater in seinen feinen
Genre- und Landschaftsbildern eine eigenartige Spezialität schafft und darin mit der Zeit
ja an ihrer Spitze fortschreitet, umfasst andererseits nach alter Weise noch alle Gebiete der
Malerei, aber wir sehen gerade bei ihm, wie mit weiterer Entwicklung der Eigenart der
Gattungen die Dinge auseinandergehen.
Wie diese Entwicklung ferner verläuft, mag ein Blick auf Jan BrueghePs bedeutendsten
Nachfolger auf David Teniers andeuten, der trotz aller durch den Anschluss an seine
Vorgänger mitbedingten Vielseitigkeit seinen bedeutenden Namen doch ausschliesslich seinen
Sittenbildern dankt.
In der Kreuzigung Christi sahen wir bei Jan Brueghel ein Gefühl für das Historienbild
grossen Stiles, aber nicht dadurch, dass er zuerst ein solches ahnte, sondern weil sich das-
selbe inzwischen bedeutsam entwickelt hatte und daher auf die Gestaltung solcher Vorwürfe
selbst bei einem Maler wirkte, dessen Naturell sie eigentlich sehr fern lag.
Jan Brueghel geräth dadurch zuweilen in Widersprüche, dass er einerseits noch so
stark mit der alten in gewissem Sinne universellen Malerei zusammenhängt, andererseits
nicht minder an den neuen Strömungen theilnimmt. Ein Beispiel hiefür bietet die Waffen-
schmiede von 1617 mit Venus und Mars (Schleissheim Nr. 265). In einer stattlichen Ruine
steht zwischen Kanonen Mars, dem ein Arbeiter den Panzer anlegt, während A^enus ihm