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Riepenhausen, Franz; Riepenhausen, Johannes
Erläuterung des polygnotischen Gemähldes auf der rechten Seite der Lesche zu Delphi (Erläuterungen) — Göttingen, 1805

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https://doi.org/10.11588/diglit.945#0043
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Sechster Abjchnitt.
Erläuterung; des Gemähides auf der rechten
Seite der Lesche.
5. i.
Wenn wir nun unser Auge auf die rechte Seite des grossen Gemähides
wenden, so finden wir es von einer mächtigen Mauer gespalten. Es ist dieses
die Mauer von Troja; und die jammervolle Zerliörung dieser unglückseligen
Stadt, ein längst entslohenes Leiden, soll hier, durch den Zauber der Kunst
aus der Vergangenheit erwecket, das Gemüth des Menschen aufs Neue wie-
derum rühren und anregen.
Der Künsiler bewirkt dieses auf zwiefachem Wege. Er lässt uns einmahl
die ganze Wulh, und den wildesten Zorn der Ueberwindung, den Tod, und
den tiefen, herzbeschwerenden Gram der Ueberwundenen empfinden; das an-
dere Mahl siellt er uns die lustige, frische Munterkeit der Sieger dar, die nach
langem Streite lieh der süssen Heimath entgegensehnen; und die mitten im trüb-
seligsten Getümmel und den Klagen der Niedergedrückten, unversehrte, höchst
ruhige, überall verehrte, und nur mit dem eigenen Glänze beschäftigte Schön-
heit, welche die Stifterinn dieser ungeheuren Zwietracht war.
Höchst schicklich ift dieser zwiefache Gegenfiand, durch die halb zer-
störte Mauer, aufs schärfste gesondert j während innerhalb ihres Umkreises noch
der Kampf in der höchfien Wildheit geraset wird, ift ausserhalb desselben
schon Ruhe, und alles, was etwa in Thätigkeit ist, trägt mehr das Gepräge
der Fröhlichkeit, als der Blutgier und des starren Todes.
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