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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0036
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Die Ergebnisse: Zusammenfassung und historische Auswertung

Was zunächst das Tafelgeschirr betrifft, so fanden sich, abge-
sehen von den erwähnten gallischen und frühen afrikanischen
Sigillaten, wieder zahlreiche Fragmente italischer Sigillata-Ge-
fäße (Kat. C 7, 16, 21, 23, 32, 49, 53, 55, 63, 64, 66, 67, 69,
70, 76, 73, 81, 84, 85, 94, 97, 101, 109, 111, 112, 114, 118,
122, 123)162. Sigillaten anderer Herkunft kamen lediglich ver-
einzelt zutage; abgesehen von den erwähnten gallischen Exem-
plaren fanden sich Fragmente sog. „tripolitanischer“ Sigillaten
(bzw. „produzione A di Baia di Napoli“) (Kat. C 124, 134) aus
tiberisch-claudischer Zeit, wobei im einen Fall (Kat. C 124)
mittels chemischer Analyse eine Herkunft aus Nordafrika er-
wiesen werden konnte163.
In beträchtlicher Zahl fanden sich sodann diverse, lokal pro-
duzierte Gefäße in punischer Tradition, in denen Formen wei-
tergeführt werden, die bereits aus dem spätpunischen Karthago
bekannt sind. Vertreten sind vor allem offene Gefäße, nament-
lich Schalen, Becher und Schüsseln (Kat. F 6, 9, 10, 13, 22,
23, 28, 29, 31, 36) sowie Teller (Kat. F 35). Ansonsten kamen
Kannen und Krüge unterschiedlicher Form (Kat. F 37, 42, 49,
50, 51) zutage, dazu auch eine Lekythos (Kat. F 52). Bei diesen
Gefäßen muss es sich, worauf M. Zatti zu Recht verweist, kei-
neswegs durchweg um Altfunde handeln. Denn auch in Kar-
thago wurden solche Gefäße in frühkaiserzeitlichen, ebenfalls
bis in die Zeit um 100 n. Chr. reichenden Schichten gefunden,
und dies deutet darauf, dass diese Formen offenbar noch lange
nach dem Untergang der punischen Metropole weiterprodu-
ziert wurden164.
Hinzu kommt noch eine steilwandige Kanne aus lokaler Pro-
duktion, deren Form aber nicht in punischer Tradition steht,
sondern erst in der Kaiserzeit aufkam (Kat. G 21)165.
An Feinkeramik kamen sodann, wie bereits in den Befunden
der vorangehenden Phase, wieder zahlreiche Fragmente dünn-
wandiger, offenbar überwiegend regional produzierter Gefäße
zutage166: zum einen Schalen in Formen, die in hellenistischer
Tradition stehen (Kat. E 1, 3, 12, 20, 22, 23, 24, 28, 29), und
zum anderen Becher und Schalen, deren Formen ihre Entspre-
chung in der römischen Dünnwandkeramik des 1. Jhs. n. Chr.
finden; hierunter sind sowohl ungefirnisste (Kat. E 43) als auch
gefirnisste Gefäße (Kat. E 49, 50, 52, 53, 62, 64, 65, 69)167
sowie einige Bodenfragmente (Kat. E 73, 76). Hinzu kommt
das Wandfragment eines matrizengeformten südgallischen, in
claudisch-neronische Zeit datierten Gefäßes (Kat. E 82).
In stattlicher Zahl fand sich wieder schwarzgefirnisstes Ta-
felgeschirr des 2. und 1. Jhs. v. Chr., das als Altmaterial in die
Auffüllschichten gelangte. Hierbei dominiert wieder die Cam-
pana A-Ware mit Tellern (Kat. B 1) und Schalen der bereits
162 Hinzu kommen zahlreiche weitere, nicht katalogisierte Fragmente aus
vielen der oben genannten Befunde; s. Kap. IV. 2. 2.
163 Hinzu kommen wenige weitere, nicht katalogisierte Fragmente. — Eine
ebenfalls marginale Rolle spielen östliche Sigillaten; lediglich in der Keramik-
schüttung 93 fanden sich zwei nicht katalogisierte Fragmente von Gefäßen der
Eastern Sigillata A. Hierzu s. jeweils Kap. IV. 2. 2.
164 Hierzu s. Kap. IV. 2. 6.
165 Hierzu s. Kap. IV. 2. 7.
166 Hierzu s. Kap. IV. 2. 5.
167 Erwähnenswert ist, dass die beiden aus den Befunden 109 und 133
stammenden und offenbar in frisch gebrochenem Zustand unter die Erde ge-
ratenen Wandfragmente Kat. E 49 und E 50 von demselben Becher stammen;
dies ist ein zusätzliches Indiz für die gleichzeitige Entstehung der beiden Füll-
schichten 110=109=111=112 und 121=40=80=133.

aus den früheren Befunden bekannten Formen (Kat. B 5, 6,
8, 19, 22, 23, 25, 27, 28, 29, 31, 33, 35, 36). Hinzu treten
einige Fragmente dickwandiger, der Campana B-Ware ent-
sprechender Gefäße des lokalen Typs Thugga D: Schalen der
Form Lamboglia 1 (Kat. B 38) und Teller der Form Lamboglia
5 (Kat. 39)168. Die lokale Gruppe Thugga E ist vertreten durch
Schalen der Form Lamboglia 1 (Kat. B 43, 45, 46, 47), Schäl-
chen der Form Lamboglia 2 (Kat. B 50) sowie Schälchen der
Form Morel 2567, deren Produktion in frühaugusteischer Zeit
endete (Kat. B 56, 57). Aus dem Lehmboden 281 des Hofes
im Osten des Hauses stammen schließlich drei kleine Wand-
fragmente der aus dem spätpunischen Karthago bekannten
Klasse Byrsa 661 (Kat. B 58, 59, 60); die Seltenheit karthagi-
scher Gefäße entspricht dem aus den übrigen Funden hervor-
gehenden, oben begründeten Umstand, dass die Siedlungsak-
tivitäten in dem von uns untersuchten Areal offenkundig nicht
vor der Mitte des 2. Jhs. v. Chr. einsetzten169.
In diesen Befunden traten ferner diverse Glasgefäße ans
Licht, bei denen verschiedene, im 1. und frühen 2. Jh. n. Chr.
verbreitete Formen vertreten sind. Zu erwähnen sind zunächst
das Wandstück einer Rippenschale der Form Isings 3 (Kat. M
2), die schon in einem Befund des der vorangehenden Pha-
se vertreten war1 /0, sowie das Randfragment einer Schliffril-
lenschale (Kat. M 4), wie sie in der ersten Hälfte des 1. Jhs.
n. Chr. vor allem im Osten des Reiches Vorkommen171. Sodann
fanden sich Fragmente eines steilwandigen, mit Bemalung ver-
sehenen Bechers der Form Isings 21 (Kat. M 28), der einer
Untergruppe angehört, deren Herstellung im 1. oder frühen
2. Jh. n. Chr. in Alexandria lokalisiert wird. Dieser Becher
stellt in unserem Fundmaterial das seltene Beispiel eines veri-
tablen Luxusartikels dar und bestätigt zusätzlich die Datierung
dieser Schichtenbefunde in flavisch-trajanische Zeit. Zutage
kamen ferner Randfragmente zweier konischer Becher (Kat. M
29, 34) und schließlich drei, jeweils in mehreren Fragmenten
erhaltene Balsamarien (Kat. M 75, 78, 79)l/2.
Was die Amphoren angeht, so fanden sich in diesen Schich-
ten zunächst, so wie in den früheren Befunden1 /3, wieder in
größerer Zahl Fragmente älterer nordafrikanischer Amphoren
der Typen Mafia D und Mafia C2174. Daneben traten aber nun
erstmals auch neue Amphorenformen auf. Dies betrifft neben
der bereits erwähnten Amphora vom Typ Ostia LIX (Kat. K
62) und der ebenfalls seit dem ausgehenden 1. Jh. n. Chr. pro-
duzierten, verwandten Form Uzita PL 52, 10 (Kat. K 65) die
Form van der Werff 3 (Kat. K 46, 47), wobei die Befundsitua-
tion unserer Exemplare, wie H. Möller plausibel vermutet, auf
eine Herstellung erst in der Kaiserzeit weist' 7 Aus nordafri-
kanischer Produktion stammen auch etliche weitere Ampho-
ren (Kat. K 48, 56, 61, 9A, 97, 100, 101, 103, 108) und ein
Deckel (Kat. K 111). Nur ganz vereinzelt fanden sich in diesen
Schichten auch Import-Amphoren, darunter wieder solche des
168 Hierzu und zum Typ Thugga D s. Kap. IV. 2. 1.
169 Hierzu s. Kap. II. 2.
170 Hierzu s. ebenda.
171 Hierzu s. Kap. IV. 3.
172 Hinzu kommen noch einige Bodenscherben (Kat. M 85, 95, 100).
173 Hierzu s. Kap. II. 3.
174 Mafia D: Kat. K 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11. - Mafia C2: Kat. K 15, 16,
17, 18, 19, 25, 26, 30, 35, 40, 41.
175 Hierzu s. Kap. II. 2. 10. - Hinzu kommt noch die ebenfalls in punischer
Formentradition stehende Amphora Kat. K 45.
 
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