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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0035
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Flavisch-trajanische Zeit

31

Gebäudemauer zieht (Taf. 1, 2; 2, l)156. Der Gehweg — und da-
mit sehr wahrscheinlich auch das Pflaster — wurde also nach der
Errichtung des flavisch-trajanischen Neubaues angelegt. Die
Straße muss wiederum entstanden sein, bevor im 3. Jh. n. Chr.
im Norden der Annex der Maison du Trifolium gebaut wurde,
dessen Südmauer 295 auf ihrem Pflaster aufsitzt.
Innerhalb dieser Zeitspanne, zwischen ca. 100 n. Chr. und
dem 3. Jh. n. Chr., ist aber ein frühes Datum sehr wahrschein-
lich. Hierfür spricht vor allem der Umstand, dass das Pflaster
(7) tiefe Spurrillen aufweist. Dies zeigt, dass die Straße, bevor
sie in der ersten Hälfte des 4. Jhs. n. Chr. verschüttet wurde1'7,
intensiv und offenbar über einen langen Zeitraum für den Wa-
genverkehr genutzt wurde.
Zudem wird der zeitliche Abstand zwischen der Anlage der
Straße und der Erichtung der Südmauer 295 des Annexes der
Maison du Trifolium zusätzlich dadurch vergrößert, dass sich
die vier älteren, erst nachträglich eingebundenen Räume inner-
halb des Annexes ursprünglich zur Straße hin öffneten und so-
mit deren Existenz voraussetzen; sie dienten offenbar als Läden
und behielten diese Funktion sehr wahrscheinlich über einen
längeren Zeitraum bei, bevor sie dann im 3. Jh. n. Chr. mit
Errichtung der Mauer 295 in einen geschlossenen Annexbau
integriert wurden (s. hierzu Taf. 42)158.
Nimmt man alle Indizien zusammen, dann liegt die Annah-
me sehr nahe, dass die Pflasterstraße 7 bald nach der Erichtung
des Neubaues im Süden im späteren 1./ frühen 2. Jh. n. Chr.
angelegt wurde, an dessen nördlicher Außenmauer 8=184 sie
sich orientiert. Sie entstand somit wahrscheinlich noch zu der
Zeit, bevor im mittleren oder späteren 2. Jh. n. Chr. die große
Maison du Trifolium gebaut wurde und die Straße damit auch
im Norden eine entsprechende bauliche Einfassung erhielt.
Die flavisch-trajanischen Funde
Die Datierung dieser umfänglichen Baumaßnahmen ergibt
sich einerseits aus dem Füllmaterial der - an mehreren Stellen
erfassten — Baugruben der neuen Mauern und andererseits aus
denjenigen Funden, die in den neu angelegten Laufhorizonten
und den darunterliegenden Planierschichten zutage kamen.
Zu dieser Bauphase gehören folgende Befunde:
1) die Baugruben 154, 174 und 244 zur Nordmauer 8 des
Neubaues (s. Taf. 1, 2; 2, 1);
2) im West-Trakt des Hauses (s. hierzu Taf. 2, 1.2):
a) der Hofboden 11=32=55;
b) im Bereich des alten Hofes: die Verfüllschichten 158=358,
357=159, 332 und 298=136 im frühkaiserzeitlichen
Ofen sowie die diversen Auffüllschichten über dem äl-
teren, nunmehr aufgegebenen Hofboden (132), also
die Bef. 47, 54, 93=115, 99, 103, 110=109=111 = 112,
121=40=80=133, 153, 194=282, 195, 196, 197, 198,
199, 211, 270, 276, 277, 285, 293, 297, 299=302,
300, 301,315,316,317;

156 H 510,82-510,93 mü.LHN.
157 Hierzu s. Kap. II. 6.
158 Hierzu s. Kap. II. 5.

c) im Bereich des Raumtraktes im Süden des Hofes: die
Füllschichten 308, 329, 330 und 350 über dem Boden
(349=371) des aufgegebenen Raumtraktes;
d) hinzu kommen noch einige Auffüllschichten 313, 314,
331 und 333 über dem älteren Boden (349=371) des
Raumtraktes, deren genaues zeitliches Verhältnis zu dem
neuen Hofboden (11=32=55) unklar ist, die aber auf-
grund ihres Fundmaterials offenbar mit derselben Bau-
phase zu verbinden sind;
3) im Ost-Trakt des Hauses (s. hierzu Taf. 4, 1.2. 3):
a) der Hofboden 281=306;
b) die mit dessen Anlage verbundenen Auffüllschichten
139, 147=143=248=251=272;
c) die Böden und deren Bettungen des Raumes im Norden
119 und 222.
d) Hinzu kommen einige tiefer unter dem Hofboden
281=306 liegende Auffüllschichten, die, auch wenn
das Fehlen datierbarer Funde aus der Bauzeit des Neu-
baues keine genauere zeitliche Einordnung zulässt,
wahrscheinlich wenigstens zum Teil erst mit dessen
Anlage zu verbinden sind: im Süden des Ost-Traktes
303, 304=296=318, 309, 310, 321, 335, in dessen
Norden 253, 268, 271=273, 274, 322 sowie im Nor-
den außerhalb des Gebäudes 289, 290, 291, 307, 319,
341 (s. Taf. 5, 1).
Für die Datierung ist vor allem die nordafrikanische Terra Si-
gillata (ARS) relevant, die erstmals in diesen Befunden auftritt.
Die betreffenden Exemplare gehören ausschließlich den frü-
hen Produktionen der ARS A an. Aus den hier besprochenen
Schichtenbefunden stammen, wenn auch nur jeweils in einem
Exemplar, zunächst Schalen des Typs Hayes 2 (Kat. D 96) und 3
A (Kat. D 245), die in die erste Hälfte des 1. Jhs. n. Chr. datie-
ren119. Hinzu kommen Gefäße, die in der Zeit um 100 n. Chr.
entstanden: Schalen des Typs Hayes 2/3 (Kat. D 162) und 3 B
(Kat. D 630), sodann Schüsseln der Form Hayes 8 A (Kat. D
146) sowie Deckel des Typs Hayes 20 (Kat. D 95). Die spätesten
dieser Sigillaten stammen also aus flavisch-trajanischer Zeit und
liefern den wichtigsten Anhaltspunkt für die Zeitstellung der
betreffenden Schichtenbefunde. Von besonderem Wert für die
Datierung des Neubaues in diese Zeit ist das erwähnte Deckel-
Randstück (Kat. D 95), da es aus der Baugrubenverfüllung 154
der nördlichen Außenmauer 8 des Gebäudes kommt.
Dieser zeitliche Ansatz wird dadurch bestätigt, dass in die-
sen Schichten mehrere südgallische, den Werkstätten von La
Graufesenque zuweisbare Sigillaten zutage kamen (Kat. C 136,
139, 144) 16°, die, ihrerseits die italischen Importe ersetzend, in
flavischer Zeit bald von den nordafrikanischen Sigillaten abge-
löst wurden.
Zudem kam in dem neuen Lehmboden 11 des Hofes auch
das Fragment einer nordafrikanischen Amphora Ostia LIX
(Kat. K 62) zutage, einer Form, die um die Wende vom 1. zum
2. Jh. n. Chr. produziert wurde und wohl dem Transport von
Öl diente161.

159 Hierzu s. Kap. IV. 2. 4.
160 Hierzu s. Kap. IV. 2. 2.
161 Hierzu s. Kap. IV. 2. 10,
 
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