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Freiligrath, Ferdinand [Editor]
Rheinisches Jahrbuch für Kunst und Poesie — 1.1840

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Matzerath, Christian Josef: Irrungen der Liebe
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https://doi.org/10.11588/diglit.19846#0051
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abcr trieb ein angeborner heroifcher Zug in die wildeste
Bewegung des Lebens hinaus. Er lebte in einer andcrn
Wclt, er betete zu-einem andern Gotte. Das hätte h!n-
gehen können, aber auch bei ihm war jede Ucberzeugung
cine Sache des Herzens; er konnte es nicht unterlassen,
übcrall Proselyten für dieselbe zu werbcn. Würde er auf
diesen Versuch bei Marien verzichten? Würde er sich be-
scheiden können, das stille Kind in seiner eigenen Weisc
gewähren und dieselbe vielleicht etwas als eine ewige Ord-
nung verehren zu lassen, was er selbst schon längst als
ein überwundenes Vorurtheil betrachtete? Und Marie —
würde sie es tragen, uneins mit Robert in demjenigen
zu sein, was sie neben, ja, über dem Gcliebten als das
Höchste betrachten mußte?

Dazu kamen eigene Aeußerungen Robert's. Die Ehe,
hatte er oft zu Maximilian gesagt, ist das urewige Sa-
crament des Lebens, das höchste Mysterium der Natur
und Sitte zugleich. Freie Wescn opfern ihre Persönlichkeit
an einander auf und fasscn den Entschluß, alle Schickun-
gen des Lebens so gemeinsam zu ertragen, daß der Eine,
was dem Andern Glückliches oder Widerwärtiges begeg-
net, wie ein Eigenes theile und mit erfahre. Schon dies
ist schwcr unter Menschen, und doch ist es das Wenigste.
Denn übcr die Gemeinschaft des äußerlichen Schicksals
hinaus soll die Ehe sich zu einer tiefinnerlichen Verschmel-
zung dec Geister verklären, die Beiden sollen nach dcm
ulten Wort der Schrift Ein Leib und Eine Seele sein,
so daß im Grunde nicht erst ein seindlicher Gedanke, son-
dern schon cin Geheimniß dieser Vcrbundencn vor einan-
 
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