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Białostocki, Jan [Gefeierte Pers.]
Rocznik Muzeum Narodowego w Warszawie: In memoriam Jan Białostocki — 35.1991 [erschienen] 1993

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II. Ostatnie prace Jana Białostockiego
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Białostocki, Jan; Michalski, Sergiusz [Hrsg.]: Das Arnolfini-Bildnis als Deutungsgegenstand und als Deutungsansporn
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https://doi.org/10.11588/diglit.19643#0160
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anderes Paar darstellen miisse. Die Forschung hat darauf verschiedentlich reagiert.
Diejenigen Kunsthistoriker die Schabackers Ausfiihrungen iiberzeugend fanden, mussten
entweder die Identifizierung der Dargestellten oder die Identifizierung der gezeigten
Handlung neu iiberdenken. Das erste wurde von Elisabeth Dhanens in ihrer schonen, 1980
veroffentlichten, van Eyck-Monographie getan: sie hat herausgefunden, dass ein anderer
Arnolfini, Michele, eine Ehe in den Niederlanden geschlossen hat, die ais morganatisch
gelten konnte. Die Aussage der alten Beschreibungen kónnte sich also doch auf einen
Arnolfini — nur eben einen anderen — beziehen. Das zweite hat in einem auf dem Kongress
der College Art Association of America 1980 in New Orleans gehaltenen Vortrag Brian
d'Argaville (sein Beitrag ist mir nur in einer xerokopierten Zusammenfassung bekannt)
versucht. D'Argaville schlagt vor, in dem Arnolfini-Bildnis ein anderes Moment der
Eheschliessungszeremonie zu sehen und zwar die deductio in domum, die durch die mit
der Bewegung der devotio moderna verbundenen Denker ais besonders wichtig fur eine
geistige Vermahlung betrachtet wurde. D'Argaville behauptete, dass laut den Quellen
des 15. Jh. diese deductio in domum, die in der Einfuhrung der Verlobten in ihr eheliches
Schlafgemach kulminierte, genau der Handlung, die auf dem Bilde Van Eycks gesehen
werden kann, entspricht. Dieser Forscher betonte, dass der mit Passionsbildern umkranzte
Spiegel ais speculum Jidei aufzufassen ist, was dem Ehebund der Arnolfini einen sakramen-
talen Charakter und auch ihrer sexuellen Vereinigung, die durch das Schlafgemach
angedeutet wird, eine religióse Sanktion verleiht.

Panofsky selbst war sich dessen bewusst, dass die Gebarden auf dem Arnolfini-Bildnis
unorthodox sind und er hat diese Tatsache damit erklaren wollen, dass Jan van Eyck die
unschóne Verdeckung der Gestalten durch die sich kreuzenden Hande vermeiden und eine
vollkommen symmetrische Komposition aufbauen wollte. In dem grossen Buch iiber die
altniederlandische Malerei hat er den Ausfiihrungen von Helen Rosenau zugestimmt, die
einige Beispiele der Voreinigung der linken und der rechten Hand aus den britischen
Ehedarstellungen in der Miniaturmalerei angefiihrt und daraus Schliisse iiber einen
angeblichen Einfluss der englischen Kunst auf Jan van Eyck gezogen hatte.

Man kann sich iibrigens fragen, ob es iiberhaupt moglich ist, in einem Bilde gleichzeitig
die Fides leuata — die Vereinigungsgebarde — und die dextrarum iunctio zu zeigen.

Van Eyck hat eine ausgezeichnete Losung gefunden, indem er den Arnolfini mit der —
rechten Hand die Eidesgebarde ausfiihrend gezeigt hat, gleichzeitig aber mit der linken Hand
die Rechte seiner Frau leise haltend, sie somit auf die darauffolgende dextrarum iunctio
vorbereitet. Das hat iibrigens schon 1953 Swillens vermutet. Auf diese Weise konnte man
auch die Einwande von Schabacker abweisen. Aber inzwischen hat man mehr Beispiele der
„unorthodoxen" Handverbindung gefunden (L. Freeman, Sandler, J. B. Bedaux), so dass
Schabackers Argumente iiberhaupt nicht mehr ais verbindlich gelten miissen. Die tra-
ditionelle Identifizierung des Mannes mit Giovanni Arnolfini — der von allen die in Frage

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