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Białostocki, Jan [Gefeierte Pers.]
Rocznik Muzeum Narodowego w Warszawie: In memoriam Jan Białostocki — 35.1991 [erschienen] 1993

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II. Ostatnie prace Jana Białostockiego
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Białostocki, Jan; Michalski, Sergiusz [Hrsg.]: Das Arnolfini-Bildnis als Deutungsgegenstand und als Deutungsansporn
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https://doi.org/10.11588/diglit.19643#0159

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dem Herkules und ein Messer dem HI. Bartholomaus gehóren. Doch schon die Tatsache,
dass diese bedeutsamen Attribute nicht in ihrer wirklicher Identitat betont werden, sondern
— um so zu sagen — ais gewóhnliche Ausstattungsgegenstande verkleidet [...] beeindruckt
den Beobachter mit etwas wie einem Geheimnis und er neigt dazu in allen Gegenstanden eine
geheime Bedeutung zu spiiren, sogar dann auch, wenn sie nicht direkt mit der sakramentalen
Handlung verbunden sind. [...] In diesem, wie in den anderen Werken von Jan van Eyck sind
der mittelalterliche Symbolismus und der neuzeitliche Realismus so vollkommen miteinan-
der versonnt, das der erste dem zweiten anhaftet. Die symbolische Bedeutung ist [...] so
vollkommen von der Wirklichkeit uberlagert, dass die Wirklichkeit selbst das Fortfliessen
der iibernaturlichen Assoziationen verursacht".

Der Aufsatz von 1934 wurde organisch in das grosse Buch iiber die altniederlandische
Malerei aufgenommen und die in ihm zum erstenmal angewandten Prinzipien sind zu einer
allgemeinen Methode der Deutung dieser Malerei ausgebaut. Eugene Kleinbauer hat 1971
festgestellt: „seit 1934 haben einige Gelehrten einiges verbessert, keiner aber die Deutung
Panofskys ais unrichtig abgelehnt". Ja, man hat von Zeit zu Zeit andere Deutungsvorschlage
veróffentlicht. Der in den dreissiger Jahren an dem Konzept der verkleideten Symbolik
parallel zu Panofsky arbeitende Charles de Tolnay hat 1939 eine paradiesische Konzeption
der Kunst Van Eycks vorgeschlagen und auch in dem Arnolfinibilde eine Wirklichkeit des
Paradieses gesehen. Maurice Brockwell 1952 und Jacąues Lejeune 1972 sind wieder zur Idee
des Selbstbildnisses des Malers mit seiner Frau zuriickgekehrt. Obwohl Lejeune die Deutung
ais Arnolfini mit der ironischen Bezeichnung Je roman des Arnolfini" versah, hatte er anstatt
dessen einen roman des von Eyck vorgestellt. Der polnische Kunsthistoriker Zdzi-
sław Kępiński hat 1974 ais einziger in dem Gemalde eine historisch-religióse Darstellung
sehen wollen, und zwar die von David und Bathseba. Er hat ubrigens gleichzeitig auch
die Deutung ais Jan und Margarethe van Eyck beibehalten.

Sonst war man mit der Vertiefung und Priizisierung der 1934 vorgeschlagenen Deutung
beschaftigt, das Bild sollte so etwas, wie ein gemalter Trauschein gewesen sein, die Teilnahme
an dem Sakrament des matrimonium vergegenwartigend. Die sakramentale Bedeutung der
Darstellung wurde besonders von Hans Kauffmann in seinem 1950 veróffentlichten Aufsatz
betont, in welchem er die Deutung Panofskys vervollstiindigt und vertieft hatte.

1972 ist der amerikanische Kunsthistoriker Peter Schabacker mit der These aufgetreten,
die Identifizierung mit den Arnolfini sei unhaltbar, da der Mann die rechte Hand der Frau
mit seiner linken Hand ergreife. Schabacker hat daraus geschlossen, dass der dargestellte
Vorgang eine morganatische Eheschliessung sei, die ja nur dann stattgefunden haben kónnte,
falls beide Eheleute verschiedenen Standen angehórten und falls die Frau auf die
Vererbungsrechte fiir sich und fur ihre Nachkommen verzichtet habe. Da bei den Arnolfinis
ein solcher Unterschied nicht in Frage kam, hat Schabacker behauptet, dass das Bild ein

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