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Białostocki, Jan [Gefeierte Pers.]
Rocznik Muzeum Narodowego w Warszawie: In memoriam Jan Białostocki — 35.1991 [erschienen] 1993

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II. Ostatnie prace Jana Białostockiego
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Białostocki, Jan: Die " Irdische Höle" in der Kunst des 19. Jahrhunderts: Bemerkungen und Ergänzungen aus östlicher Sicht
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https://doi.org/10.11588/diglit.19643#0195

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DIE «IRDISCHE HÓLE» IN DER KUNST DES 19. JAHRHUNDERTS

BEMERKUNGEN UND ERGANZUNGEN AUS ÓSTLICHER SICHT

In dem epochemachenden Buch Werner Hofmanns, das bekanntlich Das irdische
Paradies heisst, wurde auch der andere Teil des Jenseits nicht vergessen. Das achte Kapitel
des Werkes nennt sich Die irdische Hólle1. In dieser vorletzten Abteilung seines Buches ist der
von uns mit dem vorliegenden Band geehrte Kunsthistoriker auf solche Bilder des 19.
Jahrhunderts eingegangen, die in der europaischen Kunst bisher unbekannt waren oder
mindestens selten aufgetreten sind. In diesen Bildern wurden einerseits die Angste,
Versuchungen und der Wahnsinn der menschlichen Seele, andererseits aber das Elend, die
Miihe der in den fur dieses Jahrhundert charakteristischen sozialen und ókonomischen
Umstanden befangenen menschlichen Existenz und ihre Hoffnungslosigkeit geschildert.

In diesem kurzeń, Werner Hofmann gewidmeten Beitrag móchte ich einige, vor allem die
Malerei des óstlichen Teils Europas betreffende Erganzungen zu dem Problem der „irdischen
Hólle" in der Kunst des 19. Jahrhunderts besprechen. Wenn sich das Paradiesische in der
Kunst der Renaissance und des Humanismus in den Bildern dessen, was Fritz Saxl „das
humanistische Traumland" nannte, ausgedruckt hat, wenn schon im Mittelalter der locus
amoenus in der Dichtung besungen und in der Miniaturmalerei gemalt wurde, ist das
Interesse an dem Bilderkreis, der ais der „irdischen Hólle" zugehórig bezeichnet werden
kann, etwas Neues2.

Erstens sind viele der Erscheinungen, die unter die Bezeichnung „die irdische Hólle"
fallen, mit der neuentwickelten Industrialzivilisation und mit der Entstehung der Grosstadt
verbunden. Zweitens haben aber im 19. Jahrhundert die Menschen — die Schriftsteller und
die bildenden Kiinstler — viele Erscheinungen des Lebens ais darstellungswiirdig anerkannt,
die seit Jahrhunderten bestanden, die aber keineswegs ihren Platz in dem ikonographischen
Repertoire gefunden haben.

Die Ikonosphare des 19. Jahrhunderts ist wohl die erste gewesen, die in einem solchen
Grade und mit einer solchen Intensitat Phantasie und Wirklichkeit, die Musse und die
Arbeit, die eingebildeten Gliickseligkeiten und die sehr realen Miihsale enthielt3. Eine tiefe

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