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Röder, Josef; Knetsch, Georg; Nesselhauf, Herbert; Pescheck, Christian; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Toutonenstein und Heunesäulen bei Miltenberg: ein Beitrag zur alten Steinindustrie am Untermain — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 15: Kallmünz/​Opf.: im Verlag Michael Lassleben, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.70635#0040
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Ausführung nicht möglich machte — sondern
er ließ sich von den Gesteinseigenschaften eben-
so leiten wie von seiner Vorstellung. Der Tou-
tonenstein ist ein Kompromiß zwischen beiden.
Es galt zunächst einmal, von den beiden Köp-
fen des rohen Steinbalkens den auszusuchen,
der die Spitze des Monumentes bilden sollte,
ferner Ansichts- und Rückfläche festzulegen.
Das klingt selbstverständlich, fordert aber eine
gewissenhafte und kenntnisreiche Entscheidung
ab. Das fertige Denkmal mußte — wie oft-
mals in solchen Zwangslagen — gegen jede
gute Steinmetzregel mit dem Lager senkrecht
stehen.
Um Abplatzen durch eindringendes Regenwas-
ser bei Frost zu verhindern, durften möglichst
wenig Lagerfugen senkrecht oder steil nach
oben gerichtet austreten. Daß seine Wahl rich-
tig war, erkennt man leicht daraus, wenn man
sich Abb. 10 mit der Einzeichnung der Schich-
ten einmal auf den Kopf gestellt denkt. Der
Stein hätte dann an seiner Rückseite in zahl-
reichen schräg nach oben austretenden Schicht-
fugen das Wasser geradezu in sich hinein-
geleitet, während er so in dachziegelartigem
Abfallen des Lagers das Wasser ableitet. Diese
Seite war aber gerade wegen der sehr steil
austretenden Lagerlappen für die Anbringung
der Schrift nicht sehr günstig, wie sich bei der
Einmeißelung der Buchstaben herausstellte (s.
S. 38), zum mindesten war diese Seite als An-
sichtsseite ungeeignet. Elierzu war eine Seite
mit senkrecht verlaufendem Lager besser. Da-
mit war die jetzige Ansichtsseite gegeben.
Kummer mußte ohne Zweifel die Ansichts-
seite der Spitze bereiten, da das schräg nach
oben austretende Lager hier Zu Verwitterungs-
schäden führen konnte. Hier hat die Bearbei-
tung (Phase Nr. 4) einen sehr guten Ablauf
auftreffenden Regenwassers geschaffen, und der
Stein besaß gerade hier eine solch kompakte
Struktur, daß im Laufe der Zeiten nur kleine
Spalten in geringe Tiefen hinein aufgewittert
sind.
Die Gestalt bekam der Toutonenstein in gro-
ben Umrissen hauptsächlich durch zwei Bear-
beitungsarten (dazu Abb. 11):
1. Durch grobe Schollenabschläge mit einem
hammerartigen Gerät von den Kanten der
Stoßflächen in Richtung auf die zukünftige
Vorder- und Rückseite und grobe Heraus-
arbeitung der Spitze durch allseitige Ab-
schläge (Abb. 11,1—3).

2. Durch feinere Kantenbearbeitung mit der
Spitz bzw. mit dem Spitzmeißel, deren
kleinere Schollenabschläge, vielfach gut
sichtbar, die gröberen überdecken, sich aber
nur auf den oberen Teil des Monuments
über dem Bruch erstrecken und hier die
feineren Übergänge schufen (Abb. 11,4).
Die feinere Überarbeitung, die im Gegensatz
zu den unter 1 und 2 genannten Vorgängen
nur mehr Teile der Vorderfläche und der Spit-
ze umfaßte (Abb. 11,5), bestand in
3. der groben Spitzung der Vorderfläche über
dem Bruch bis zum Anfang der Schrift.
Auf der linken Seite sind noch kleinere ge-
spitzte Partien, die aber auch teilweise mit
Vorgang 2 in Zusammenhang stehen mö-
gen, zu bemerken,
4. der Überarbeitung der Spitze und der rechts
und links anschließenden halben Seitenflä-
chen mit der Ascia.
5. der Schaffung eines Übergangs zwischen den
Arbeitsspuren der unter 3 und 4 genannten
Arbeitsvorgänge durch Flachmeißelarbeit,
ausschließlich an der Vorderseite.
Während der Arbeitsgänge 1 und 2 mußte der
Stein zweimal ganz herumgewälzt werden. Die
Bearbeitung konnte durch einen Mann gesche-
hen. Selbstverständlich konnte er noch einen
Gehilfen haben, der unter seiner Leitung mit-
arbeitete. Beim Umwälzen des rund 2,5 Tonnen
wiegenden Steines wurden etwa 4 Mann, die
dieses mit Hebeln und Brechstangen besorg-
ten, benötigt. 4 Mann wurden auch beim Bre-
chen und Heranschleifen des Steines nötig,
selbst wenn wir annehmen, daß dazu eine
Schleife und Zugtiere in Dienst gestellt wur-
den. Wir kommen damit zu einer kleinen 4,
eher 6 Mann starken Arbeitsgruppe, die im
Gebiet des Greinberges Steine brach, der man
den Auftrag zur Herstellung unseres Denk-
mals gab.
Die Arbeitsvorgänge 2—5, bei denen der Stein
ohne jede weitere Bewegung auf seiner Rück-
fläche liegen blieb, wurden sicher nur von ei-
nem Mann ausgeführt. Er ist es, der auch die
Inschrift eingeschlagen hat, im engeren Sinn
„unser“ Meister. Zum Aufstellen des Steines
benötigte man wieder die ganze Arbeitsgruppe
und ihre Hilfsmittel.
Nun zu den Werkzeugen. Da am Toutonen-
stein keine Spaltspuren mit Ausnahme der
glatten Stoßflächen mehr sichtbar sind, er-

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