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Röder, Josef; Knetsch, Georg; Nesselhauf, Herbert; Pescheck, Christian; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Toutonenstein und Heunesäulen bei Miltenberg: ein Beitrag zur alten Steinindustrie am Untermain — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 15: Kallmünz/​Opf.: im Verlag Michael Lassleben, 1960

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70635#0041
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übrigt es sich, näher auf diese einzugehen.
Für die groben Kantenabschläge (Bearbeitungs-
phase 1) kann ein Hammer gedient haben, wie
er sowohl am Kriemhildenstuhl als in den rö-
mischen Basaltlavabrüchen in Mayen in über-
einstimmenden Exemplaren gefunden wurde
(Taf. 23,1, 2). Die Spitz (Bearbeitungsphase 3),
ein uraltes Steinhauergerät, liegt aus römischer
Zeit von mehreren Fundorten in zwei vonein-
ander recht verschiedenen Typen vor. Am
Kriemhildenstuhl, am Felsberg und wieder in
Mayen7 wurden kurze, doppelpyramidenförmige
Geräte dieser Art gefunden (Taf. 23, 3, 4). Unter
den Steinhauergeräten der Saalburg tritt dann
auch die mehr an die modernen Formen erin-
nernde (in den Steinbrüchen um Miltenberg
praktisch ausgestorbene) schlanke Spitz in
mehrfacher Abwandlung auf (Taf. 23, 6). Freilich
sind ihre Spuren von denen des Spitzeisens
nicht immer leicht zu unterscheiden — es
hängt das sehr vom Aufschlagswinkel ab —
so daß eine Festlegung auf die eine oder an-
dere Arbeitsweise oft nicht mit völliger Sicher-
heit möglich ist.
Spitz- und Flachmeißel der verschiedensten
Größen wurden mehrfach gefunden, so u. a.
wieder am Kriemhildenstuhl und auf der Saal-
burg (Taf. 23,12—15). Sie ähneln oder glei-
chen modernen Geräten. Ein typisch römisches
Steinhauergerät ist die Ascia, ein Dechsel der
aus dem Zimmerhandwerk stammt und für
Steinbrucharbeiten im weichen Stein bzw. zum
Aushöhlen von Steinbehältern (Trögen, Aschen-
kisten, Sarkophagen) auch bei hartem Stein
benutzt wurde.
Man begegnet den Spuren dieses Werkzeuges
recht häufig. Die quergestellte Klinge kann
gewölbt und außerdem noch in der Schneide
gebogen, jedoch auch ungewölbt und gerade
sein. Asciae sind in mehreren deutschen Mu-
seen zu finden. Sie sind unter dem Steinhauer-
inventar der Saalburg vertreten und wurden

in einer Reihe von Exemplaren in den römi-
schen Tuffsteinbrüchen der Vordereifel wie in
einem Exemplar auch in den römischen Basalt-
brüchen Mayens (vgl. Taf. 23, 9—11) gefunden8.
Oben wurden die verschiedenen Bearbeitungs-
phasen bereits kurz beschrieben. Hier sollen
lediglich noch einige kurze Notizen folgen, die
das Gesagte erweitern und verdeutlichen. Die
grobe Abscherbung (Phase 1) hat sich sicher-
lich über fast alle Teile des Rohblocks er-
streckt; durch die weitere Bearbeitung und
durch die Verwitterung ist dies nicht überall
mehr sichtbar. Ausgezeichnet zu sehen ist sie
über die ganze Rückseite, wo sie besonders an
der linken Seite vom Bruch an bis fast zur
Spitze von den kleineren Abschlägen, die mit
der Spitz (oder dem Spitzeisen) getätigt wurden,
überschnitten wird (Taf. 24, S). Auch entlang
der rechten hinteren Kanten sind diese Über-
schneidungen trotz der Verwitterung noch gut
Zu verfolgen. Diese grobe Bearbeitung wird
sich nicht auf Abschläge von den Kanten her
beschränkt haben. Zweifellos hat man auch
größere in der Fläche stehende Buckel auf
gleiche Weise weggeschlagen. Man glaubt die
Spuren gelegentlich zu erkennen. Solche grobe
Schlagarbeit mußte mit erheblicher Wucht aus-
geführt werden. Man konnte damit Scherben
von mehr als der halben Breite des Steines
ablösen.
Die Scherben besitzen, ähnlich den Feuerstein-
abschlägen — es handelt sich praktisch um
die gleiche Abschlagtechnik — einen Bulbus,
dünnen aber nach den Seiten hin innen mit
konkaver Wölbung aus. Sie laufen also schräg
zum Lager oder zur Stoßrichtung aus und
können dabei Lagerfugen auf kurze Strecken
hin aufreißen. Das ist an unserem Stein al-
lenthalben geschehen. Auf der Rückseite des
Steines, wo das Lager schräg nach unten aus-
läuft, wurden die nach unten sich stark ver-
dünnenden Lagerlappen oft weggerissen, ja un-

7) Zu römischen Steinbrüchen in Deutschland vgl. W. Jorns, Der Felsberg im Odenwald (1959). — J. Rö-
der, Antike Steinbrüche in der Vordereifel; in Neue Ausgrabungen in Deutschland, 1958, 268 ff. (Be-
handelt die Basaltlavabrüche in Mayen und die Tuffsteinbrüche der Pellenz. Dort weitere Literatur). —
J. Röder, Die antiken Tuffsteinbrüche der Pellenz; Bonn. Jahrb. 157, 1957, 213 ff. — F. Sprater, Der
Brunholdisstuhl (heute Kriemhildenstuhl) bei Bad Dürkheim; Mainzer Zeitschrift 30, 1935, 32 ff. —
Allgemein F. Behn, Die Steinindustrie des Altertums, 1926.
8) Zu römischem Steinhauerinventar als Ganzem vgl. die Abbildungen bei G. Lugli, La Tecnica Edilizia I,
1957, Fig. 36 und L. Jacobi, Das Römerkastell Saalburg, 1937, Fig. 34. — Zur Ascia, auch zu deren
symbolischer Bedeutung im Grabbau, vgl. Pauly-Wissowa II, 1896, 1522 f.; Cabrol-Leclercq, Dictionnaire
d’ Archeologie Chretienne et de Liturgie I, 2, 1907, 2943 ff.; J.-J. Hatt, La Tombe Gallo-Romaine,
1951, 85 ff.

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