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I.
Im Jahre 1913 veröffentlichte L. Finot den Sanskrittext des Beichtformulars für
buddhistische Mönche der Schuie der Sarvästivädins unter dem Titel: ,,Le Prä-
timoksasütra des Sarvästivädins", zusammen mit einer Übersetzung des entsprechen-
den chinesischen Texts von E. Huber. 6 Die Handschrift des lückenhaften Sanskrittexts
war von der ,,Mission Pelliot" in Douldour-äqour bei Kutscha gefunden worden.
Das Prätimoksasütra ist bei den Sarvästivädins, ebenso wie bei den anderen Schu-
len, deren Werke über Ordensdisziplin ins Chinesische übersetzt wurden, zweifach
überliefert: 1. als selbständiges Werk, 2. als Teil des Vinayavibhahga, d. h. eines er-
läuternden Textes zum Prätimoksasütra, der das Thema der vorliegenden Arbeit
bildet. Der Vinayavibhahga gibt zu jeder Vorschrift des Beichtformulars eine ein-
leitende Erzählung, in der von einer Tat berichtet wird, die zum Erlaß der betreffen-
den Anordnung durch den Buddha führt. Ferner enthält der Vibhanga einen
Kommentar und juristische Glossen für jede Vorschrift.
Das Beichtformular besteht aus einer Liste von 263 Vergehen, eingeteilt in acht
Kategorien, die bei den zweiwöchentlichen Beichtfeiern der Mönche rezitiert wurden.
Die Mönche wurden nach dem Verlesen jeder Gruppe gefragt, ob sie rein seien in Be-
zug auf die Gebote.
1. Die erste Kategorie umfaßt die vier Päräjika-dharmas^), Ausstoßungsverbrechen.
Wer sich ein solches Verbrechen zu schulden kommen läßt, wird sofort und für immer
aus dem Orden verstoßen. Dies sind die einzigen Verfehlungen, bei denen das Straf-
maß im Gesetz erwähnt wird. Die ersten drei Päräjika-dharmas, die sich mit Un-
keuschheit, Diebstahl und Totschlag beschäftigen, gehören zu den fünf Grundgebo-
1) Journal Asiatique, 11. Serie, Tome 2. 1913, S. 46.5ff.
2) Für etymologische Erklärungen des Begriffes Päräjika, sowie für Erläuterungen aus den
Kommentaren der Päli-, Mülasarvästiväda-, und Sarvästiväda-Version siehe E. Waldschmidt,
Bhiksuni-Prätimoksa, S. 71 f. (beruhend auf S. Levi, Rhys Davids, H. Oldenberg u. a.). Die Mahl-
säsaka-Version sagt: ,,Po-lo-i ist ein Gesetz, das zu Fall bringt, ein Gesetz, das Übles verursacht,
ein Gesetz, dessen Spitze abgeschnitten ist, es ist kein Gesetz der Asketen (Bd. 22, S. 4c, Z. 9
v. h). Der Kommentar der Mahäsamghikas erklärt, Päräjika bedeute, man sei gefallen in Bezug
auf zehnfaches Wissen, auf dasNirväna und den reinen Wandel, man habe keinen Teil an der
Frucht des Pfades und könne nicht durch reuiges Bekenntnis von der Schuld frei werden
(Bd. 22, S. 237 b, Z. 7 v. 1.). In der Dharmagupta-Version heißt es, jemand, der eines Päräjika-
Yergehens schuldig geworden sei, könne nicht mehr Mönch sein, so wie ein Mensch, dessen
Kopf abgeschlagen wird, sich nicht mehr zu erheben vermag (Bd. 22, S. 571c, Z. 6 v. r.). In allen
Versionen wird betont, daß der Täter eines solchen Verbrechens nicht länger an der Gemein-
schaft der Mönche teilhabe.
 
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