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Einleitung XXXI

she wir wieder einem Goldschmiedestempel oder Verordnungen über
Stempelung begegnen.

Die erste mittelalterliche Nachricht über eine Stempelung aus-
geführter Silberarbeiten ist in einer Verordnung Philipps des Kühnen
von Frankreich vom Jahre 1275 enthalten, welche ein Stadtzeichen
verlangt.') Daß man diesem Gebot auch wirklich nachkam, dafür haben
wir einen Beleg in einer Garderobenrechnung König Eduards I. von
England aus dem Jahre 1299 —1300, worin mit der Pariser Lilie
gezeichnete Silberarbeiten erwähnt werden. *) In Deutschland (Erfurt)
geht die Stempelung mindestens auf 1289 zurück.3) In Florenz be-
gegnen wir dann erstmals im Jahre 1335 der Forderung eines Meister-
zeichens. Das erste deutlich4) formulierte Verlangen nach Stadt-
stempel und Meisterzeichen zugleich finden wir in einer Gold-
schmiedeordnung von Montpellier vom Jahre 1355.5) Aus dem ehe-
maligen Deutschland liegt die älteste Bestimmung über gleichzeitige
Anwendung von Stadt- und Meisterzeichen in einer Straßburger

*) Ordonnances des Roys de France de la troisieme race, I Paris 1723 S. 814, Verordnung
Philipps III. (des Kühnen) vom Dezember 1275- »Yolumus quod in Omnibus villis, ubi argentarii
operabuntur de argento, quod operentur de argento affinato de Ca(r)l(in)is, scilicet quemadinodum
operatur apud Tur(onenses). Et quod quelibet villa habeat Signum suum proprium, et quod nullus
faciat Signum alterius, et quicunque contra hoc fecerit, amittet argentuma. Wir wollen, daß in allen
Städten, in denen Silberarbeiter Silber bearbeiten werden, dieselben affiniertes Karlinen-'! Silber,
nämlich gerade so wie es in Tours verarbeitet wird, verwenden. rEs handelt sich also um etwa
15 lötiges Silber.] Und daß jede Stadt ihr eigenes Zeichen habe und daß keiner das Zeichen einer
anderen [eines anderen?] nachmache. — Unter affinare verstand man damals jedwede Art der Reini-
gung des Silbers. Der Ausdruck war noch nicht wie heute auf die Scheidung von Silber und Gold
beschränkt.

2) »VIII cocleares argenti signata in collo signo Parisius [sic'j scilicet, de quodam floreglegelli.«
Acht silberne Löffel, am Griff mit dem Pariser Zeichen, nämlich mit der bestimmten Lilienblume.
Chaffers, Hall Marks on Gold and Silver Plate, London 1905, S. 218 und 219. — Seine Quelle ist
Liber quotidianus contrarotulatoris garderobae, gedruckt (London?) 1787 durch die Society of Anti-
quaries of London. Das Buch war mir leider nicht zugänglich.

8) A. Kirchhoflf, Die ältesten Weisthümer der Stadt Erfurt, 1870 S. 18 I 28 (anno 1289).

4) Die Erfurter Verordnung von 1289 ist in diesem Punkte unklar. Der Herausgeber Kirch-
hoff S. 18 Anm. 77 vermutet Meisterzeichen und Zeichen der Obrigkeit. Ich meine, es handelt sich
lediglich um ein Meisterzeichen. Ich sehe eine Bestätigung meiner Annahme in einer Stelle des
Bibra-Büchleins bei Kirchhoff S. 95 6 Nr. 154.

5) ». . . in omni casu dictum opus sit signatum per dictum magistrum cujus erit, ejus signeto
antequam tradatui dicto custodi pro signando illud ponchono Montispessulani.i

... in jedem Falle muß die besagte Arbeit durch den Meister, von dem sie stammt, mit
dessen Zeichen bezeichnet werden, bevor sie dem Wardein übergeben wird, damit sie dieser mit
dem Stempel der Stadt Montpellier versehe.

Renouvier et Ricard, Des Maltres de Pierre et des autres artistes gothiques de Montpellier,
Montpellier 1844 S. 180.
 
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