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Rott, Hans
Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes — Karlsruhe, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.8256#0073
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auf Hohentwiel und an einem Schloßportal zu Stuttgart beschäftigt finden1.) Die Bilder auf
dem Hohentwiel wurden leider 1800/01 von den Franzosen zerstört, als sie die Festung in
eine Ruine verwandelten. Vermutlich ist die Lusthausbüste der Markgräfin Dorothea Ursula,
der ersten, 1583 verstorbenen Gemahlin Herzog Ludwigs, des Meisters Werk, so daß hier-
durch ebenfalls Zusammenhänge des Bildhauers Kraus mit dem Durlacher Hof gegeben
wären. ") Höchstwahrscheinlich haben wir in der Figur, die einst am Lusthausgiebel entsprechend
derjenigen Georg Beers gegenüber angebracht war, das Porträtbild des Meisters Kraus vor
uns, der 1590 mit seinen Gesellen in den Dienst Markgraf Ernst Friedrichs trat. Die Büste
des Baumeisters Beer ist wiedergefunden, das verschollene Gegenstück in einer zuverjässigen,
vor dem Abbruch verfertigten Zeichnung Beisbarths noch erhalten.3)

Unterm 19. Februar 1590 wurde Meister Matth. Kraus zunächst durch einen provisorischen
Vertrag probeweise für ein Jahr als fürstlicher Bildhauer mit 110 Gulden Gehalt samt dem
Hoftisch verpflichtet.4) Zwei Wochen nach Ostern begann er seine Tätigkeit zu Durlach. Das
eigentliche Verding schloß Paul Murer sodann am 9. Juni mit dem Bildhauer, nachdem Kraus
allerhand Handrisse zuvor angefertigt hatte. Es wurden ihm die ersten acht von den großen
Statuen der Balustrade auf der Gottesau vergeben, ferner zwei Wappen und zwei »Bilder«
mit dem Zugehörigen über dem Portal des mittleren Treppenturmes. Im August holte
man zu Kürnbach vier große Blöcke für die Statuen der Gottesau.'1) Zwischendrin mußte
der Meister auch nach Stuttgart, um dort für Herzog Ludwig Bildhauerarbeiten zu erledigen.
Im Oktober 1592 entschuldigte die Frau Judith Kraus in Stuttgart ihren Mann gegenüber
dem zur Vollendung der Statuen drängenden Markgrafen, weil der Meister zur Zeit von
Ludwig für mehrere Wochen nach dem Hohentwiel verschickt worden sei, »daßelbsten ettliche
Bilder und andere Sachen zu verfertigen und auszuhawen.« Drei Wochen darauf finden wir
ihn auch wieder zu Durlach.

Der »Bildhauer zu Carlspurg«, wie ihn öfters die Gottesauer Akten nennen, verfertigte
im weiteren Verlauf ein großes »Türgericht« im Saal des »newen Haubtbaws« zu Gottesau
und andere Türeinfassungen, wohl ähnlich jenen Prachttüren im Ottheinrichsbau zu Heidelberg,
für die damals stattliche Summe von 250 Gulden. Für sechs Standbilder, »zu den andern
uff die Gallery dasselbsten gehörig,« empfing Meister Kraus, dem Markgraf Ernst sehr gewogen
war, weitere 100 Gulden. Im November 1593 war der Meister mit seinen Bildhauerarbeiten in
der Gottesau, außer denen er auch noch anderweitige ausführte, noch nicht zu Ende, nahm
aber trotzdem seinen Vorschuß auf.6) Nach dem abschließenden Bericht des markgräflichen
Bauzahlers Joh. Eck vom 17. September 1594, zu einer Zeit, als Murer schon tot, waren
Kraus' Bildhauerarbeiten zu Gottesau vollendet.7)

Neben dem Stuttgarter waren noch mehrere Bildhauer zu Durlach tätig, von denen aber
nur der Pforzheimer Meister Tobias Lindenmann mit Namen genannt wird, ein bis jetzt unbe-
kannter, aber sicherlich tüchtiger Meister, der 1590 auch als »Bildschnitzler« in den Pforzheimer
Urkunden erwähnt und bereits 1579 durch Herzog Ludwig von Württemberg berufen und von

') Chr. Fr. v. Stalin, Wiirttemb. Gesch. IV, 2, 767, 827.

2) Walcher, 1. c. Taf. II.

3) Walcher, 1. c. Heft 4 (1890) p. 5.

4) Für das Folgende die Gottesauer Bauakten im G.L.A. und unten die Beilage Nr 6.

5) L. c, 4. August 1590.

6) Zum 20. Nov. 1593: »dann ich nun in die drey jähr lang mit verförtigung der bilder und anderm under-
theniglichen gearbeitet und mich noch also in derselben dienst in underthenigkeit gebrauchen laße.«

7) Zusammenfassender Bericht Ecks an Ernst Friedrich vom 17. Sept. 1594 über die Arbeiten und Ablöhnung
Kraus': »Nachgehendts seindt ime die 8 erste große bilder, volgendts die 2 wappen, 2 bilder sambt allem begriff
ob dem thirgestell des schneckens und innhalt verdings, verdingt worden, derselben arbait er auch allerdings
bezalt ist. Nach ermelter diser arbait ist ihme das thürgericht am saal sambt seiner zugehör für 250 fl., dann
die 6 letste große bilder p. 100 fl. verdingt worden.«

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