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Rott, Hans
Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes — Karlsruhe, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.8256#0145
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so sehe ich hier immer dieselbe begabte Persönlichkeit, die das Wachsbossieren und Stempel-
schneiden, das Lauteschlagen wie das Aquarellieren in gleicher Weise verstand und am Hof,
namentlich bei den kunst- und musikliebenden Prinzessinnen Anna, Elisabeth und der jungen
Katharina Barbara wohl gelitten war.

Ein ebenbürtiges Weib stand Braun bis zu seinem 1684 erfolgten Tod zur Seite. Anna
Maria (geb. zu Lyon 1642, gest. 1713) war eine äußerst geschickte Künstlerin im Wachs-
porträtieren, wobei sie den Dargestellten durch Bemalung und Drapierung einen sehr lebens-
wahren Ausdruck zu geben verstand. Das Großh. Zähringer Museum bewahrt mindestens drei
große wohlerhaltene Wachsfiguren von ihrer Hand auf, von denen die eine Bossierung noch
ihre Signatur A. M. B. trägt.') Neuerdings wurde auch die erste sichere und mit A. M. B.
signierte Schaumünze Herzog Eriedrichs I. von Sachsen-Gotha-Altenburg von der Hand
Anna Maria Brauns nachgewiesen, eine der schönsten jener Zeit.2) Als Witwe lebte sie meist
zu Nürnberg, bossierte viele Fürstenbildnisse in Wachs, von denen ein großer Teil infolge
der Vergänglichkeit des Materials und des Wechsels im Geschmack zugrunde gegangen ist,
und beschloß 1713 ihr Künsterleben zu Frankfurt.3)

Eine besondere Aufmerksamkeit wandte Friedrich VI. dem Schleifen und Schneiden der
in seinen oberländischen Bergwerken bei Badenweiler gefundenen Edelsteine zu, dem Achat
verwandte treibe, blaue und weiße Mineralien, die sich zur Herstellune von Ziero-efäßen,
zu Fassungen und zu Petschaften eigneten. Schon unter Georg Friedrichs Regierung hatte
Kaiser Rudolf II. mehrmals seinen Edelsteinschneider Matthias Krätsch u. a. mit Erlaubnis
des Markgrafen nach Badenweiler gesandt, um »den dort wachsenden seltzamen Stainen
weiter nachzusuchen«.4) Durch Erlaß vom Jahre 1667 verbot Friedrich VI. das private Aus-
graben und Ausführen solcher Edelsteine und befahl deren Ablieferung an den Hof.5)

Zur künstlichen Bearbeitung dieser Steine berief der Markgraf 1671 und 1673 die Augs-
burger »Cristall- und Steinschneider« Kaspar Grießenbeck und Balthasar Graf nach Durlach, die

') Zähr. Museum Nr. 2812: Friedrich VI. unsigniert; Nr 2813: der Erbprinz Karl Wilhelm (geb. 1679) etwa im
Alter von 10—12 Jahren. Am Stylobat der marmorierten Säule die Signatur; Nr. 2814: wohl die Markgräfin Augusta
Maria mit den beiden Prinzen Karl Wilhelm und Christoph, unsigniert, bezw. wie bei Nr. 2812 abgefallen. Der hand-
schriftl. Katalog des Zähringer Museums und die Beischriften kennen die Künstlerin der Wachsfiguren nicht.

2) B. Pick, Die Schaumünzen Herzog Friedrichs I., in den Mitteil. d. Vereinig, f. Gothaische Gesch. u. Altertums-
forschung 1904 p. 125 f.

3) Doppelmayr, 1. c. 266; A. S. Hüsgen, Nachr. von Frankf. Künstlern p. 127 f.; Fr. Gwinner, Kunst u. Künstler d.
Stadt Frankf. p. 247 f., wonach Angaben bei Nagler und Doppelmayr zu verbessern sind. — Uber H. Barth. Braun die
kurzen Angaben Hampes bei Thieme-Becker, Künstlerlex. IV, 547. Möglicherweise entstammt er der Familie der beiden
Freiburger »Contrafetter« Hans Barth. Braun, Vater und Sohn, die um 1600 auf Heiligenberg tätig waren. 1649 ver-
mählte sich die Gräfin Elisabeth Eusebia von Fürstenberg mit Markgraf Friedrich V. und könnte dann den Künstler
Braun nach Durlach gezogen haben. Martin, Aus Heiligenb. Rechnungsbüchern, in Schritten des Vereins f. Gesch. u.
Naturgesch. der Baar X [1900] p. 45, 52. — Von Braun gelangte ein Totenkopf (von 1653) zur Versteigerung, als
der Rest des markgr. Kunstkabinetts im Badischen Hof zu Basel 1808 aufgelöst wurde. Basler Jahrb. 1912 p. 244. —
Dort befand sich 1736 auch »ein blau und gelber Papagey auf weiß Pergament gemahlt vom Braun«. G.L.A., H. u.
St.Arch. II. Haus- und Hofsachen. Samml. d. Großh. Hauses, Gemäldegalerie (1765—1769) fasc. 8. — Bei Vierordt,
Gesch. d. Gymnasiums p. 87, wird zu 1683 ein Hofrat Braun zu Durlach genannt, vielleicht ein Verwandter.

4) Ein Basler Bildhauer, dessen Namen wir nicht kennen, verfertigte zwei Mohren für den Drachenfels zu
Straßburg. G.L.A., Herrsch. Rötteln fasc. 211 fol. 135. Pauli an Elsener, Rötteln, 9. Juli 1660: »Werdt wegen der
alten heidnischen müntzen mich ihrer orten erkundigen, auch den bildhauer, daß er die 2 mohren versprocher
maßen nacher Straßburg schicke, anmahnen.« — Jahrbuch der Kunstsamml. des A. Kaiserhauses VII (1888) Abt. 2
Nr. 4624, 4667/68, 4679. Über den Freiburger und Innsbrucker Kristallschneider Hans Georg Deck (1610) vgl. Thieme-
Becker, Künstlerlex. VIII, 518.

"') G.L.A., Badenweiler. Akten fasc. 557. Friedrich VI. an den Oberamtm. von Badenweiler Hans Georg v. Merckel-
bach, Karlsburg, 8. April 1667: »Wir seindt in erfarung kommen, daß es an verschiedenen orten dir anvertrawter
herrschaft Badenweyler allerhandt zum schneiden taugliche stein gebe, dieselbe aber bis hero durch gewiße leut zu-
sammen gesucht und sowohl in- als außer landts nacher Freyburg, auch anderer orten hien verführt und verkauft
worden.« Ohne bes. Frlaubrris-wird das. Graben nicht mehr, später allerdings gegen eine Abgabe gestattet. Es handelte
sich um »die zu Badenweyler sich befindliche gelbe, blaue und weiße dem Achat vergleichende stein«, die im Bleierz
gefunden wurden. Verordnung vom 16. Juni 1680. Hier wird dem Freiburger »Bollirer« Franz Locher und einem
andern das Graben für 40 fl. per Zentner erlaubt.

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