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Dürer, Albrecht; Rupprich, Hans [Hrsg.]
Schriftlicher Nachlaß (Band 3): Lehre von menschlicher Proportion: Entwürfe zur Vermessungsart der Exempada u. zur Bewegungslehre ; Reihschriftzyklen ; der Aesthetische Exkurs ; die Unterweisung der Messung ; Befestigungslehre ; Verschiedenes — Berlin, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.29733#0012
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EINLEITUNG

die Ansätze zu einer selbständigen Lehre von den Bewegungen des menschlichen Körpers und damit zu-
sammenhängende Studien und NiedersAriften. Auch aus ihnen fertigte Dürer die zusammenhängende Folge
einer ReinsAriA an, die den obgenannten Zyklen anzureihen ist. Ein daraus erhaltenes Blatt London $230,
fol. 18, versetzt uns in die Lage, das Vorhandengewesensein mit Sicherheit feststellen zu können.
Uber das Zustandekommen dieser ReinsAriAzyklen, der erhaltenen wie der verschollenen, ist zu sagen:
OAenbar sehr früh sAon, etwa 1313, begann Dürer von seinen Ausarbeitungen zur Proportionslehre auch
Reinschriften und ReinzeiAnungen anzufertigen. Soweit man das im erhaltenen Nachlaß noA beobaAten
kann, zog er mit Blei auf den Papierblättern die Rahmen für den SAriAspiegel, sArieb die Texte in sorg-
fältiger SchönschriA und verzierte die Ränder mit Arabesken. Manchmal gediehen die ReinsAriften nicht
weit über die Anfänge hinaus. Dürer begann zu verbessern und zu ergänzen, und mit der ReinsAriA war
es zu Ende. Oder Dürer schied aus weiter gediehenen ReinsAriften einzelne mehr oder minder verdorbene
Blätter aus, zersAnitt sie und verwendete die gegebenenfalls noch leere Seite für Konzepte.
Reste solAer Rein-Schriften sind erhalten 3230, fol. 32, 33, 107 f., 16p. Alle betreAen sie die Themen des
späteren I. Buches. Ferner 3231, fol. 122 und 123, wovon das erste Fragment zur Bewegungslehre, das
zweite zu den Veränderungen des Kopfes gehört, d. h. sie betreAen Themen des späteren III. und IV. Buches.
Keines dieser Blätter und Fragmente trägt eine der für Dürers spätere ReinschriA charakteristisAe aus BuA-
staben und ZiAern kombinierte Foliierung.
An Reinzeichnungen mit Buchstaben- bzw. Buchstaben+ ZiAern-Bezeichnungen sind uns im NaAlaß aufge-
fallen:
1. Mit den Buchstaben c reAts oben: 3230, fol. 123". OAenbar Reinzeichnung einer Frau in RückansiAt,
SeitenansiAt, Arm und VorderansiAt. Dazu 3230, fol. 122, mit der Vorzeichnung.
2. Mit dem Buchstaben d rechts oben: 3228, fol. 169b und 172". VorzeiAnung eines veränderten Mannes
in Seitenansicht, Arm, Vorder- und Rückansicht.
3. Mit dem Buchstaben g rechts oben: 3228, fol. 113*. ReinzeiAnung eines veränderten Mannes mit Seiten-
ansicht, Arm und Vorderansicht.
4. Mit gs reAts oben: 3231, fol. 69''*'. Grundriß und SAema eines Kopfes, der siA nach hinten bzw. naA
vorn verbreitert.
Wir haben alle diese Relikte unter den Konzepten belassen.
Sämtliche ReinsAriften, die begonnenen, besonders aber die ausgeführten, zeigen, daß Dürer mit seinen
Studien bereits so weit vorgeschritten war, daß er für sein LehrbuA typische Fälle statuiert, die zwischen
Natur und Idee vermitteln. Dürer gibt sozusagen „eminente Fälle, die in einer charakteristisAen Mannig-
faltigkeit als Repräsentanten von vielen anderen dastehen" (Goethe).
Mit einer Drucklegung seines Lehrbuches zur menschlichen Proportion befaßte siA Dürer ernsthaA erst
zwischen seiner Rückkehr aus den Niederlanden im Sommer 1321 und dem Herbst 1323. Für sie wurde
neuerdings, und zwar eine vollständige ReinschriA auszuarbeiten begonnen. Von ihr hat siA das ganze erste
BuA erhalten. Vorhanden war wohl auch die ReinschriA eines zweiten, oder zumindest die Grundlage
dazu, in dem obgenannten Zyklus. Ob auch bereits ReinsAriften des dritten und vierten BuAes angelegt
waren, läßt siA nicht mit SiAerheit entscheiden. Für beide wären die Grundlagen in ähnliAen erschließ-
baren Zyklen gegeben gewesen. Kapitel ID des dritten Bandes bringt daher die ReinschriA des ersten
BuAes der 1323 geplanten Ausgabe der Lehre von mensAlicher Proportion.
Von den vorgenannten ReinsAriAzyklen aus der Zeit vor Antritt der Reise in die Niederlande wie von
den ReinsAriften für die geplante Drucklegung im Jahre 1323, zu untersAeiden sind die reingesAriebenen
Vorlagen für die sAließlich zustande gekommene Ausgabe der Lehre von menschliAer Proportion 1328.
Mit der Überlieferung dieser letzteren hat es folgende Bewandtnis: Zur Gänze verschollen ist die ReinsAriA
des ersten Buches, von der des zweiten sind lediglich zwei Blätter vorhanden. Nahezu vollständig auf uns
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