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Dürer, Albrecht; Rupprich, Hans [Hrsg.]
Schriftlicher Nachlaß (Band 3): Lehre von menschlicher Proportion: Entwürfe zur Vermessungsart der Exempada u. zur Bewegungslehre ; Reihschriftzyklen ; der Aesthetische Exkurs ; die Unterweisung der Messung ; Befestigungslehre ; Verschiedenes — Berlin, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.29733#0432
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IV. VERSCHIEDENES

Dürers Ring- und FeAtbuA kann nicht als originale Arbeit gelten. Er wollte darin niAt als selbständiger
Theoretiker der Waffenkunst auftrctcn, sondern nur als künstlerisAer Redakteur einer alten Vorlage, wie
sie in der Fürstlich Oettingen-WallersteinsAen Bibliothek in Maihingen erhalten ist. Dürer arbeitete im
Auftrag, die Endabsicht war ein mit Holzschnitten ausgestattetes Druckwerk. DörnhöAer hat gezeigt, daß
dem Texte Dürers eine selbständige Bedeutung neben seiner Vorlage nicht zukommt. Er sArieb die An-
leitungen aus seiner Vorlage „sorgfältig, in den meisten Fällen wörtliA" ab, wenn auch nicht buchstaben-
getreu, sondern orthographisA frei und mit Bewahrung seiner mundartlichen Eigenheit. In zahlreiAen
Fällen faßte er den Text kürzer oder gebrauAte gleiAbedeutende Wendungen. Nur in ganz wenigen
Fällen nahm er kleine Veränderungen vor, um den Text in Einklang mit dem Bild zu bringen.
Anders als mit dem Text verhält es siA bei Dürers ZeiAnungen. Soweit es siA um das rein Gegenständ-
liAe handelt, beruhen auA sie auf den älteren Vorlagen und sind im wesentliAen reproduzierend. Im
Künstlerischen aber erging siA Dürer völlig frei und gab den tro&enen SAematen reiAes Leben.
Der dem Ende des 16. Jahrhunderts angehörige Einband der Wiener Original-HandsAriA trägt die Jahres-
zahl 1312 eingepreßt; die gleiche Jahreszahl steht auf dem Titelblatt. Da die Anfertigung der HandschriA
mögliAerweise mit den BüAerplänen Kaiser Maximilians I. zusammenhing, dessen Interesse für das FeAt-
wesen zwischen 1509 und 1513 nachweisbar ist, hielt DörnhöAer das auf dem Titelblatt und Einband
gegebene Datum 1512 für authentisA. Woher sollte auch gerade diese Angabe genommen worden sein,
wenn niAt von einer alten ursprüngliAen AufschriA, dem abgenützten OriginalumsAlag etwa, der beim
Neubinden entfernt wurde?
Die Feststellungen DörnhöAers fanden zunäAst weithin Zustimmung, bis FleAsig II, S. 486 A., stilistisAe,
biographisAe und sachliAe Gegenargumente vorbraAte. NiAt, daß FleAsig die ZusAreibung an Dürer
bezweifeln wollte, er hielt im Gegenteil sämtliAe ZeiAnungen für eigenhändige Arbeiten Dürers. Seine
Bedenken riAteten siA gegen die SAlußfolgerungen DörnhöAers für die Entstehung im Jahre 1312. Dabei
sind es im wesentlichen drei Argumente, die FleAsig vorbringt. Ganz allgemein: das FeAtbuA, das sich so
eng an eine fremde Vorlage anlehnt, paßt nicht in eine Zeit derart gesteigerter sAöpferisAer Tätigkeit, wie
es die Jahre um 1312 sind, und die FeAtbuAzeichnungen stimmen weder mit Dürers FederzeiAnungen von
1310 bis 1314, noA stimmt die Mehrzahl der FechtbuAzeiAnungen mit den FeAterpaaren von 1312 in
London überein. Im besondern sprechen zwei im Werke selbst enthaltene Tatsachen, nämliA die Fuß-
bekleidung der Ringer und FeAter, und Dürers SchriAzüge gegen die Annahme, das FeAtbuA sei erst im
Jahre 1312 entstanden. Die SAuhe der Ringer und FeAter haben die gleiAe Form wie sie in der Apoka-
lypse und den frühen Blättern der Großen Passion Vorkommen. Die SAriA des FeAtbuAes weist in die
ersten Jahre nach 1300.
Dazu ist zum Allgemeinen zu sagen. Dürers Ring- und FechtbuA ist keine selbständige Schöpfung, sondern
die bestellte Kopie einer alten HandschriA mit Neuredigierung der ZeiAnungen, denn der Text der An-
leitungen wurde aus der Vorlage wörtlich übernommen. Diese letztere TatsaAe läßt ersAließen, daß die
Bindung Dürers an die Vorlage durA den Anreger oder Auftraggeber sehr eng gewesen ist. Eine solAe
mehr oder minder meAanische Arbeit vergleiAt man besser nicht mit Dürers sonstiger eigenschöpferisAer
künstlerisAer Tätigkeit, sondern eher mit seinen anderen Auftragsarbeiten und Interessengebieten, wie
besonders den Arbeiten und zahllosen Experimenten zur Konstruktion des mensAliAen Körpers und der
Pferde, oder noch besser mit den Studien zur Lehre von den mensAliAen Bewegungen.
Bei der Fußbekleidung räumt Flechsig selbst die MögliAkeit ein, daß gerade die Ringer und FeAter den
SchnabelsAuh, der im allgemeinen der SAuh der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ist, länger getragen
hätten als er sonst in Mode war, und SchnabelsAuhe auch in Dürers Werk beim SAarfriAter auf dem
HolzsAnitt der Enthauptung des Johannes nach 1310 Vorkommen. Schuhe mit Klappen allerdings sind bei
Dürer auf die Zeit von 1300 bis 1303 beschränkt. DoA das mag Zufall sein.

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