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Ryss, Sonja
Maria Magdalena in der toskanischen Malerei des Trecento — Heidelberg, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.53308#0029
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zu sehen erlaubt war, so wurde ich jeden Tag durch Engel-
hände in den Himmel gehoben und durfte die lieblichen Ge-
sänge der himmlischen Scharen sieben Mal täglich hören mit
meinen leiblichen Ohren. Da mir vom Herrn eröffnet ist,
dass ich von dieser Welt scheiden muss, so gehe zu Maxi-
minus und teile ihm mit, er solle am nächsten Ostertag um
die Zeit, wenn er sich zur Frühmesse zu erheben pflege, allein
in die Kirche gehen und dort werde er mich, durch Engel-
hände hingetragen, finden.“ Der Priester hörte diese Stimme
wie die Stimme eines Engels und sah niemand.
Letzte Kommunion und Tod: Er eilte zum hei-
ligen Maximinus und erzählte ihm alles. Maximinus aber,
von hoher Freude erfüllt, dankte dem Herrn von Herzen und
ging an jenem Tag und zu jener Stunde, wie ihm befohlen
war, allein in die Kirche und sah die heilige Maria Magda-
lena inmitten der Engel stehen, die sie hergeführt hatten.
Sie schwebte aber zwei Ellen über der Erde, von Engeln
umgeben und mit ausgebreiteten Armen zu Gott betend. Als
der heilige Maximinus sich scheute, ihr zu nahen, wandte
sie sich zu ihm und sprach: „Komm näher, Vater, und fliehe
nicht deine Tochter.“ Als er näher ging, erstrahlte das Ge-
sicht der Maria, da sie immerfort die Engel schaute, dass
es leichter war, in die Strahlen der Sonne als in ihr Antlitz
zu sehen. Er rief alle Geistlichen und jenen Priester herbei,
und Maria Magdalena empfing vom Bischof den Leib und das
Blut des Herrn unter vielen Tränen, und während ihr Kör-
per an den Stufen des Altars lag, ging ihre heilige Seele
zum Herrn. Nach ihrem Heimgang blieb dort ein solcher
Wohlgeruch, der noch sieben Tage lang von denen, die zur
Kirche gingen, wahrgenommen wurde. Ihren heiligen Leib
begrub Maximinus mit vielen Wohlgerüchen und ordnete an,
dass er selbst nach seinem Tode neben der Heiligen bestattet
werde.
 
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