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Ryss, Sonja
Maria Magdalena in der toskanischen Malerei des Trecento — Heidelberg, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.53308#0051
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zentrieren, die Schwestern mit dem Vorgang der Auferweckung-
dramatisch und psychologisch eng zu verknüpfen. In Padua
haben sie sich vor Christus niedergeworfen, die Oberkörper
sind fast horizontal vorgebeugt; die Unterarme Magdalenens-
liegen ausgestreckt auf dem Felsen, auf dem Christus dicht
vor den Schwestern steht; die Köpfe sind erhoben. Mich
dünkt, dass die Komposition in Assisi, die die Schwestern
knieend, aber mit aufgerichtetem Oberkörper darstellt, glück-
licher ist. Hier in Padua befindet sich der Kopf Magda-
lenens so nahe bei Christus, dass sie ihm kaum ins Gesicht
sehen kann. Dadurch ist freilich der Ausdruck dankbarer
Ergebenheit zweifellos intensiert. Diese Gesichtszüge Mag-
dalenens können sich jedoch an innerlicher Bewegtheit mit
denen in dem früheren Gemälde nicht messen. Sie erscheinen
herber und selbst härter. Das Kolorit dieses Freskos frei-
lich ist vollendeter als in den früher betrachteten Gemälden.
Bevor wir nun zu den Passionsdarstellungen
der Arenakapelle übergehen, müssen wir einige allgemeine
und historische Bemerkungen vorausschicken.
Dass in der älteren Kunst der Maria Magdalena keine
irgendwie ausgeprägte Rolle bei den Passionsvorgängen, der
Kreuzigung und der Beweinung, zugewiesen wird, bemerkte ich
schon früher. Noch auf einer Darstellung der Grablegung
am Ende des 12. Jahrhunderts (Kruzifix in Pisa) ist es Ni-
kodemus, der die Füsse Christi hält. Auch auf den Kruzi-
fixen, welche an den Enden der Kreuzarme häufig die Brust-
bilder der Maria und des Johannes zeigen, erscheint die Hei-
lige nicht. Wohl aber ist es bemerkenswert, dass der Kreuzes-
kultus der Franziskaner dazu führte, auf Kruzifixen am
Fusse des Kreuzes den hl. Franz anzubringen, der die glei-
chen Wunden wie der Erlöser tragend, in schwärmerischer
Hingebung zu diesem aufschaut (vergl. Thode und Venturi).
Diese Stelle am Kreuze einzunehmen sollte Magdalena, als
die Nachfolgerin gleichsam des Heiligen von Assisi, bestimmt
sein. Und Giotto ist es gewesen, der, mit genialem Blick
das psychologisch dramatische Element in dieser Frauen-
gestalt entdeckend, ihr diese Auszeichnung verlieb, vielleicht
inspiriert durch die wohl als Magdalena gedachte grossartige,
 
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